Nein, Autofahrer werden nicht als Milchkühe behandelt! Denn der Strassenverkehr generiert in der Tat nicht gedeckte externe Kosten in Milliardenhöhe, die zulasten der Allgemeinheit gehen – dreimal mehr als beim Schienenverkehr. Diese Initiative ist unbedingt abzulehnen, denn eine Annahme würde den Strassenverkehr gegenüber dem öffentlichen Verkehr deutlich bevorzugen. Dies schadet der Umwelt, beeinträchtigt wichtige Aufgaben des Bundes und ist auch für die Beschäftigung schädlich.
Nein, Autofahrer werden nicht «gemolken»! Denn seit 1995 ist der Preis der Autobahnvignette gleich geblieben, der Benzinpreis befindet sich dank dem Zerfall des Erdölpreises auf einem Tiefststand und die Zahl der sparsamen Fahrzeuge hat stark zugenommen – alles Faktoren, die die finanzielle Belastung der Autofahrer in Bezug auf den Strassenverkehr deutlich verringern.
Berücksichtigt man die externen Kosten, bezahlen Autofahrer bei Weitem nicht alle verursachten Kosten
Bezieht man die externen Kosten mit ein, d. h. die Kosten, die von den Strassenbenutzern verursacht, jedoch von der Allgemeinheit getragen werden, kommen die Autofahrer sehr gut weg. Gemäss einer Studie des Bundesamtes für Raumentwicklung (ARE) für den Zeitraum 2010 bis 2012 betragen die externen Kosten des motorisierten Strassenverkehrs (Umwelt- und Gesundheitskosten, z. B. für Luftverschmutzung, CO2-Emissionen, Unfälle, Lärm usw.) 7,7 Milliarden Franken pro Jahr, während sich die externen Kosten für alle Verkehrsarten auf insgesamt 9,4 Milliarden Franken belaufen. Auf den Schienenverkehr entfallen nur 730 Millionen Franken dieser externen Kosten. Wenn man die Anzahl Kilometer betrachtet, die auf der Strasse und auf der Schiene zurückgelegt werden (der Anteil des Strassenverkehrs ist höher), kommt man auf externe Kosten, die für den Strassenverkehr fast dreimal höher sind als für die Bahn. Denn im Bereich Personenverkehr ist der motorisierte Privatverkehr gemäss der erwähnten Studie für externe Kosten verantwortlich, die auf 6,0 Rappen pro Personenkilometer (Pkm) für das Jahr 2012 geschätzt werden, während sich die externen Kosten bei der Bahn auf 2,4 Rappen pro Personenkilometer belaufen.
Daraus lässt sich folgern, dass die Initiative nicht zu einer «fairen Verkehrsfinanzierung» führt, sondern im Gegenteil ein inakzeptables Ungleichgewicht zwischen den bestehenden Verkehrsarten schafft. Die Autofahrer würden so gegenüber den Benutzern der öffentlichen Verkehrsmittel deutlich bevorzugt. Denn letztere müssen regelmässig Tariferhöhungen für die Finanzierung des öffentlichen Verkehrs hinnehmen. In den letzten zwanzig Jahren sind die Preise für Bahn- und Busbillette nämlich um durchschnittlich 40 Prozent gestiegen. Die heutige relativ ausgewogene Verkehrspolitik würde in Frage gestellt. Die Zuweisung von Erträgen aus der Besteuerung von Treibstoffen zum Bahninfrastrukturfonds, die am 9. Februar 2014 in einer Volksinitiative an der Urne angenommen wurde, würde ebenfalls hinterfragt. Die vom Parlament genehmigte Etappe des Bahnausbaus 2025 würde verspätet umgesetzt.
Abbau bei grundlegenden Staatsaufgaben
Die Initiative sieht vor, dass sämtliche Einnahmen aus der Verbrauchssteuer auf Treibstoffen in die Finanzierung der Infrastruktur des Strassenverkehrs fliessen sollen. Und so kämen 1,5 Milliarden Franken jährlich dem Strassenverkehr zugute, was andere Aufgaben beeinträchtigen würde. Ein Teil dieses Geldes würde in unnötigen Arbeiten versickern, indem die Strassen übermässig ausgebaut würden, oder in einem schlecht durchdachten Perfektionismus. Parallel dazu müssten die grundlegenden Aufgaben, die der Staat für die Gesellschaft erbringt, um 1,5 Milliarden Franken gekürzt werden, z. B. in den Bereichen Forschung und Bildung, Kultur, Gesundheit, Soziales, Entwicklung erneuerbarer Energien. Das ist also eindeutig nicht im Interesse der Bevölkerung.
Schädlich für die Umwelt…
Wenn dem Strassenverkehr gegenüber dem öffentlichen Verkehr der Vorzug gegeben wird, wie dies die Initiative macht, schadet dies auch der Umwelt. Die Notwendigkeit, für den Arbeitsweg, aber auch in der Freizeit vermehrt den öffentlichen Verkehr zu nutzen, würde zurückgestuft. Dies würde sich auch negativ auf die Wende auswirken, die es zugunsten einer umweltschonenderen und nachhaltigen Mobilität zu fördern gilt, um insbesondere unsere Treibhausgasemissionen zu beschränken.
…und die Beschäftigung
Weiter sei daran erinnert, dass jede Tendenz zur Stärkung des motorisierten Strassenverkehrs zulasten der öffentlichen Verkehrsmittel sich negativ auf die Beschäftigung auswirkt. Denn Investitionen in den öffentlichen Verkehr und der Unterhalt der betreffenden Infrastrukturen sorgen für mehr Arbeitsplätze als der Strassenverkehr. Die Initiative beeinträchtigt also ebenfalls die Beschäftigung, auch wenn diese Wirkung sich schlecht beziffern lässt. Der ÖV-Werkplatz Schweiz weist gemäss der in der Fussnote genannten Studie eine Wertschöpfung von 4,4 Milliarden Franken auf, was etwa 38 300 Arbeitsplätzen entspricht. In einer Zeit, in der Befürchtungen zum Risiko der Deindustrialisierung der Schweiz im Zusammenhang mit dem starken Franken bestehen, ist es gut, sich diese Tatsache in Erinnerung zu rufen.