In der kommenden Session wird das Parlament wiederum viele Geschäfte beraten, die für die Arbeitnehmenden von zentraler Bedeutung sind. Die Haltung von Travail.Suisse, dem unabhän-gigen Dachverband der Arbeitnehmenden, zu ausgewählten Geschäften ist im Folgenden kurz zusammengefasst.
Wirtschaftspolitik und Arbeitsmarktpolitik
Nationalrat – Parlamentarische Initiative Fraktion CE. Verhältnis zu Europa klären und verankern (14.447). Die parlamentarische Initiative verlangt eine Änderung der Bundesverfassung, so dass die Schweiz ihre vertragliche Zusammenarbeit mit der Europäischen Union weiterführen und auch in Zukunft enge Beziehungen mit der Europäischen Union unterhalten kann. Die parlamentarische Initiative nimmt die Gefahr auf, dass aufgrund der Umsetzung von Art. 121a BV die bilateralen Verträge mit der EU nicht weitergeführt werden könnten. Allerdings beinhaltet Art.121a BV die Berücksichtigung des gesamtwirtschaftlichen Interesses. Aus Sicht von Travail.Suisse wird so der Erhalt der bilateralen Verträge bei der Umsetzung impliziert. Das Ziel dieser parlamentarischen Initiative wird folglich begrüsst, allerdings scheint uns der Weg über eine Verankerung in der Bundesverfassung nicht zielführend. Wichtig sind innenpolitische und kompatible Massnahmen wie ein griffiger Schutz der Löhne und Arbeitsbedingungen der Arbeitnehmenden und ein besseres Ausschöpfen des inländischen Fachkräftepotenzials. Letzteres setzt eine Verbesserung der Vereinbarkeit zwischen Beruf und Familie für die Frauen und Massnahmen zur nachhaltigen Integration in den Arbeitsmarkt für ältere Arbeitnehmende voraus. Travail.Suisse empfiehlt die parlamentarische Initiative zur Ablehnung.
Nationalrat – Postulat Fraktion S. Wirtschaftliche Vorteile durch Schengenpartnerschaft (15.3896). Das Postulat verlangt, dass der Bundesrat in einem Bericht die wirtschaftlichen Vorteile der Assoziierung an das Schengenabkommen aufzeigt. Dabei sollen insbesondere die Auswirkungen auf den Tourismus und die Verwaltungskosten berücksichtigt werden. Von den Folgen des überbewerteten Frankens aufgrund der Aufhebung des Euromindestkurses durch die SNB zu Beginn dieses Jahres ist der Tourismus stark betroffen. Neben einer gesamthaften Abnahme der Logiernächte zeigt sich insbesondere eine Verschiebung der Herkunft der Gäste. So konnte bisher die starke Abnahme der Gäste aus dem europäischen Raum teilweise durch eine Zunahme der Gäste aus den übrigen Kontinenten kompensiert werden, wie aus Zahlen des BfS hervorgeht. Das Schengenabkommen ermöglicht diesen Gästen den Besuch in der Schweiz mit einem Einfachvisum, auch wenn noch andere Schengenländer besucht werden. Die Schengenpartnerschaft dürfte so für den Tourismus direkte wirtschaftliche Vorteile bringen, welche eine genaue Betrachtung verdienen. Travail.Suisse empfiehlt dieses Postulat zur Annahme.
Ständerat – Motion Schelbert. Frankenstärke. Aufstockung der KTI-Kredite (15.3180). Die Motion verlangt die Aufstockung der Kredite für das KTI, um gezielt auf die Herausforderungen des überbewerteten Frankens reagieren zu können. Der überbewertete Franken ist eine Folge des Entscheides der Nationalbank zur Aufhebung des Euromindestkurses zu Beginn dieses Jahres. Bei einer solchen geldpolitischen Herausforderung sind politische Einflussmöglichkeiten gering. Auch wenn eine Rezession zurzeit nicht zu erwarten ist, zeigt sich doch eine abgekühlte Wirtschaftsentwicklung. In den stark betroffenen Branchen droht sich die Innovationstätigkeit zu verlangsamen oder zeitlich zu verschieben. Damit sind kurzfristig Arbeitsplätze in den Forschungs- und Innovationsabteilungen der Unternehmen bedroht und mittel- bis langfristig ist ein Verlust der Innovations- und damit Wettbewerbsfähigkeit zu befürchten. Eine Aufstockung der Kredite für das KTI zum Erhalt der Innovationstätigkeit in der Schweiz stellt eine der wenigen politischen Handlungsmöglichkeiten im Zusammenhang mit dem überbewerteten Franken dar. Travail.Suisse empfiehlt daher, diese Motion anzunehmen.
Ständerat – Motion Abate. Grenzüberschreitende Dienstleistungen. Meldepflicht für Fotografinnen und Fotografen ab dem ersten Arbeitstag (15.3919). Die Motion verlangt eine Änderung der Verordnung der in die Schweiz entsandten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, so dass zukünftig Fotografinnen und Fotografen bereits ab dem ersten Arbeitstag gemeldet sein müssen. In der Entsendeverordnung ist der Grundsatz geregelt, dass entsandte Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer erst ab Arbeiten, die länger als acht Arbeitstage dauern, gemeldet werden müssen. Da ohne Meldung auch keine Kontrollen der orts- und branchenüblichen Löhne stattfinden können, ist für einige sensible Branchen eine Meldepflicht bereits ab dem ersten Tag vorgesehen. Als bisher letzte Branche wurde der Landschafts- und Gartenbau auf den 1.11.2014 der Meldepflicht ab dem ersten Tag unterstellt. Fotografinnen und Fotografen arbeiten oftmals nicht im öffentlichen Raum, sondern auf privatem Grund (z.B. Hochzeitsfotografen) und sind zudem häufig mit Kurzaufträgen konfrontiert, was eine Kontrolle ohne Meldung ab dem ersten Tag verunmöglicht. Travail.Suisse empfiehlt deshalb die Annahme dieser Motion.
Sozialpolitik
Nationalrat – Motion FK-NR. Unterstellung der Suva unter die Finanzaufsicht der Eidgenössischen Finanzkontrolle (EFK) (15.3828). Die Motion verlangt, dass die Suva unter die Finanzaufsicht der EFK gestellt wird. Die Suva ist eine öffentlich-rechtliche Anstalt mit eigener Rechtspersönlichkeit. Sie untersteht bereits heute der Oberaufsicht des Bundes, die durch den Bundesrat ausgeübt wird. Der Bundesrat genehmigt zudem die Reglemente der Suva sowie die Jahresrechnungen. Auch werden die Jahresrechnungen von einer externen Kontrollstelle überprüft und es wird jährlich ein Risikomanagementbericht erstellt. Wie der Bundesrat feststellt, würde eine zusätzliche Überprüfung der Suva durch die EFK zu Doppelspurigkeiten führen. Wie der Bundesrat empfiehlt deshalb auch Travail.Suisse, die Motion abzulehnen.
Nationalrat – Motion Ständerat (Niederberger). Regulierungskosten für die Wirtschaft. Unnötige Administrativarbeiten für die AHV abschaffen (14.3728). Die Motion verlangt die Abschaffung der frühen Meldepflicht der Arbeitgeber gegenüber der AHV-Ausgleichskasse. Begründet wird dies mit einem unnötigen administrativen Aufwand. Aus Sicht von Travail.Suisse sind die in der Schweiz verlangten sozialversicherungsrechtlichen Melde- und Abrechnungsvorschriften einfach und grösstenteils mit wenig bürokratischem Aufwand verbunden. Die Meldepflicht bei der AHV-Ausgleichskasse nach mindestens 30 Arbeitstagen steht in einem engen Zusammenhang zum Bundesgesetz über Massnahmen zur Bekämpfung der Schwarzarbeit (BGSA). Eine strengere Kontrolle und Sanktionierung der Meldepflicht hat vor allem einen präventiven Charakter. Mit der Pflicht zur vorgängigen Anmeldung kann die Wahrscheinlichkeit erhöht werden, dass die geschuldeteten Beiträge effektiv abgerechnet werden. Die gezielte Bekämpfung von Schwarzarbeit auf diesem Weg setzt indes voraus, dass neu eingestellte Arbeitnehmende innert nützlicher Frist an die AHV-Ausgleichskasse gemeldet werden. Genau dies stellt nun aber die Motion Niederberger in Frage. Wie der Bundesrat empfiehlt deshalb auch Travail.Suisse, die Motion abzulehnen.
Nationalrat – AHVplus: für eine starke AHV. Volksinitiative (14.087). Die Initiative schlägt eine Erhöhung der AHV-Renten um zehn Prozent vor. Mit den heutigen Renten aus erster und zweiter Säule wird das Verfassungsziel der „Fortsetzung der gewohnten Lebenshaltung“ für viele Me5558nschen nur ungenügend erreicht. Zu häufig wird das Leistungsziel von 60 Prozent des letzten Lohnes verfehlt. Dies unter anderem, weil die Renten der Lohnentwicklung hinterherhinken. Gleichzeitig sollen nun mit der Reform der Altersvorsorge 2020 die Leistungen in der beruflichen Vorsorge gesenkt werden (Senkung Mindestumwandlungssatz BVG). Travail.Suisse unterstützt deshalb eine Erhöhung der AHV-Renten. Die Annahme der Initiative ist zum heutigen Zeitpunkt das zuverlässigste Mittel, um angemessene AHV-Renten zu erreichen und so die Rentenhöhe insgesamt zu sichern.
Nationalrat – Standesinitiative SO. Verlängerung der Anstossfinanzierung von familienergänzenden Kinderbetreuungsplätzen durch den Bund (14.306). Die Standesinitiative will, dass die Befristung für die Anstossfinanzierung des Bundes für familienergänzende Kinderbetreuung aufgehoben wird. Heute sind diese Programme jeweils auf vier Jahre befristet. Zurzeit läuft ein Programm bis Januar 2019. Die Anstossfinanzierung des Bundes ist eine Erfolgsgeschichte: Mit den Impulsprogrammen ist es gelungen, in den letzten Jahren fast 50‘000 dringend benötigte Betreuungsplätze dauerhaft zu schaffen. In Zeiten von sich abzeichnendem Fachkräftemangel stellt eine zuverlässige Betreuungsinfrastruktur nebst einer sinnvollen familienpolitischen Leistung auch eine volkswirtschaftliche Notwendigkeit dar. In diesem Sinne ist es unerlässlich, dass der Bund sein Impulsprogramm verlässlich planen und weiterführen kann. Travail.Suisse empfiehlt deshalb die Annahme der Standesinitiative.
Ständerat – Freizügigkeitsgesetz. Ansprüche bei Wahl der Anlagestrategie durch die versicherte Person (15.018). Die Revision des Freizügigkeitsgesetzes will, dass Versicherte mit einem Jahreslohn von über 126‘900 Franken – also ausschliesslich im überobligatorischen Bereich der beruflichen Vorsorge – welche die Anlagestrategie selber wählen können, bei einem Austritt aus der überobligatorischen Vorsorgeeinrichtung auch allfällige Verluste selber tragen müssen. Heute muss die Vorsorgeeinrichtung einen Mindestbetrag zum Zeitpunkt des Austritts mitgeben. Das bedeutet, dass heute bei Verlusten die Vorsorgeeinrichtung und damit die verbleibenden Versicherten diese Verluste tragen müssen. Travail.Suisse begrüsst, dass dieser ungerechtfertigte Risikotransfer ausgemerzt wird. Die Revision darf aber nur unter der Bedingung angenommen werden, dass die Vorsorgeeinrichtung mindestens eine Strategie mit risikoarmen Anlagen anbietet und die Versicherten über die Risiken und Kosten ihrer Wahl der Anlagestrategie umfassend informiert werden. Zudem sollte der Ehepartner oder eingetragene Partner schriftlich zustimmen, da er von allfälligen Verlusten auch betroffen ist.
Gleichstellungspolitik
Nationalrat – Motion GL. Ansatz «comply or explain» gegen Geschlechterdiskriminierung auf dem Arbeitsmarkt (13.4285). Das Prinzip, die Gleichstellung der Geschlechter umzusetzen oder aber zu erklären, weshalb dies nicht möglich ist, gilt in Schweden für börsenkotierte Unternehmen. Die Motion ist eine Reaktion darauf, dass freiwillige Massnahmen wie der Lohngleichheitsdialog zwischen den Sozialpartnern, der im Februar 2014 nach fünf Jahren beendet wurde, nur sehr beschränkt Fortschritte brachten. Die Fraktion der Grünliberalen möchte weder Quoten, wie sie Frankreich oder die nordischen Länder anwenden, noch Sanktionen wie in Italien. Vielmehr müssten die Unternehmen ihren Aktionären und der Öffentlichkeit einmal jährlich erklären, aus welchen Gründen sich der Frauenanteil in den Geschäftsleitungen und den Verwaltungsräten allenfalls nicht wie erwünscht entwickelt.
Nach Ansicht von Travail.Suisse gibt es verschiedene Mittel, um die Gleichstellung von Frau und Mann in den Unternehmen zu verbessern. Ein wichtiger Aspekt ist der Frauenanteil in den Führungsgremien. Frauen kämpfen mit diskriminierenden Verhaltensweisen, auch auf den obersten Hierarchiestufen, wo je nach Geschlecht unterschiedliche Kriterien angewendet werden. Dass gesetzgeberische Massnahmen etwas bewirken, ist erwiesen. Davon zeugt auch das Beispiel Basel: Nach der Einführung von Quoten in öffentlichen Unternehmen durch eine Volksabstimmung war das Ziel einer angemessenen Vertretung der Frauen innert weniger als einem Jahr realisiert. Travail.Suisse unterstützt diese Motion deshalb vorbehaltlos.
Ständerat – Motion Carobbio Guscetti. Praktika für den Wiedereinstieg ins Berufsleben. Rolle des Bundes (13.3272). Im Nachgang zur Präsentation der Studie «Die Rückkehr ins Berufsleben erfolgreich meistern» im Jahr 2013 und den Handlungsempfehlungen von Travail.Suisse wurden im Parlament rund ein Dutzend entsprechender Vorstösse lanciert. Einer davon ist die Motion Carobbio. Sie verlangt, dass der Bund sowie öffentliche und halböffentliche Unternehmen genügend Praktikumsplätze für Personen bereitstellen, die sich nach einem mehrjährigen Erwerbsunterbruch wieder in den Arbeitsmarkt integrieren wollen. Diese Personen müssen sich mit Praktika wieder mit der Berufspraxis vertraut machen und geeignete Kurse besuchen können. Organisationen, die Personen dabei unterstützen, wieder Fuss in der Arbeitswelt zu fassen, haben grosse Mühe, Praktikumsplätze zu finden.
Travail.Suisse ist konsterniert von der Antwort des Bundesrats auf die Motion: Es ist die Rede von Praktikumsplätzen für Studierende und Hochschulabsolventinnen und -absolventen, Praktikumslöhnen, angebotenen Stellen sowie flexiblen Arbeitszeitmodellen, d.h. Themen, die überhaupt nichts mit dieser Frage zu tun haben. Travail.Suisse unterstützt natürlich diese Motion. Die staatlichen Arbeitgeber müssen mit gutem Beispiel in der Praxis vorangehen und können sich nicht auf Absichtserklärungen mit unsicheren konkreten Wirkungen beschränken, wie dies bei der Fachkräfteinitiative der Fall ist. Praktikumsplätze sind für Personen, die nach einer Pause wieder in den Beruf einsteigen wollen, äusserst wichtig, um sich wieder mit einer Berufswelt vertraut zu machen, die sie vor mehreren Jahren verlassen haben und die sich in der Zwischenzeit beträchtlich verändert hat.
Bildungspolitik
Ständerat – Mo. WBK-NR. BFI-Periode 2017-2020. Notwendige Reformen ohne Substanzverluste umsetzen (15.3011). Die Schweiz ist herausgefordert, das inländische Potenzial an Arbeitskräften voll auszunützen. Auf allen Qualifikationsebenen und bei den unterschiedlichsten Zielgruppen sind Investitionen nötig, um die demographischen Entwicklungen bewältigen zu können. Travail.Suisse unterstützt daher die Position des Nationalrates, die notwendigen Reformen so umzusetzen, dass dabei die vorhandene Substanz und Exzellenz in allen Bereichen des BFI-Systems nicht gefährdet wird.
Ständerat – Motion Nationalrat (Aebischer Matthias). Finanzierung der Vorbereitungskurse für eidgenössische Berufs- und höhere Fachprüfungen (13.3020). Seit 2013 haben die Verbundpartner der Berufsbildung gemeinsam in intensiven und konstruktiven Diskussionen einen Finanzierungsvorschlag für die Vorbereitungskurse im Hinblick auf die eidgenössischen Berufs- und höheren Fachprüfungen erarbeitet. Dieser Vorschlag sollte dem Parlament in der bundesrätlichen Fassung im Rahmen der BFI-Botschaft 2017-20 zur Entscheidung vorgelegt werden. Eine Zustimmung zur Motion ist ein starkes Zeichen dafür, dass der Ständerat eine Stärkung der Höheren Berufsbildung will und die Studierenden der Höheren Berufsbildung ähnlich behandeln möchte wie die Studierenden an Hochschulen.
Ständerat – Motion Nationalrat ((Aubert) Reynard). Pauschalbeiträge an die Kantone für die berufsorientierte Weiterbildung (13.3137). Der Bund finanziert die Berufsbildung über Pauschalbeträge an die Kantone. Die Höhe der Pauschale wird aufgrund der Anzahl Lehrverhältnisse berechnet. Es ist an den Kantonen, die so erhaltenen Gelder im Rahmen eines gesetzlich definierten Verwendungsrahmens einzusetzen. Eine Aufgabe besteht darin, die berufsorientierte Weiterbildung zu fördern, zum Beispiel die Weiterbildung von Wiedereinsteigerinnen und Wiedereinsteigern. Gegenüber anderen Aufgaben hat allerdings die berufsorientierte Weiterbildung auf kantonaler Ebene bei der Geldzuteilung einen schweren Stand. Die Motion Aubert/Reynard möchte hier zu Recht ein Gegengewicht setzen.
Energie- und Umweltpolitik
Nationalrat und Ständerat – Für eine nachhaltige und ressourceneffiziente Wirtschaft. Volksinitiative und indirekter Gegenvorschlag (14.019). Der Nationalrat hat in der September-Session den indirekten Gegenvorschlag des Bundesrats abgelehnt. Es ist bedauerlich, dass kurzfristige konjunkturelle Argumente stärker gewichtet werden als die mittelfristige Notwendigkeit, die Wirtschaft nachhaltiger auszurichten. Wenn die Unternehmen ihren Ressourcenverbrauch reduzieren, können sie Einsparungen erzielen und sich dank ihres guten Rufs in Sachen Nachhaltigkeit auf dem internationalen Markt besser positionieren. Die Vorlage wurde bereits vom Ständerat auf das Minimum reduziert (freiwillige Rezyklierung gewisser Rohstoffe, keine Meldepflicht der Unternehmen usw.). Der Ständerat muss nochmals Stellung nehmen, da jedoch seine Kommission Nichteintreten empfiehlt, dürfte der Gegenvorschlag des Bundesrats begraben werden. Dieser Gegenvorschlag hat jedoch ohnehin so viel an Substanz verloren, dass eine Unterstützung kaum noch der Mühe wert ist. Travail.Suisse unterstützt deshalb die Volksinitiative «Grüne Wirtschaft».
Migrationspolitik
Nationalrat – Motion Munz. Ausbildung für Flüchtlinge zur nachhaltigen Arbeitsmarktintegration (15.3653). Die Ausbildung anerkannter und vorläufig aufgenommener Flüchtlinge wird in den nächsten Jahren ein wichtiges Thema sein. Die Motion schlägt in diesem Zusammenhang vor, diesen Personen eine anerkannte Ausbildung zu ermöglichen, um sie damit nachhaltig in den Arbeitsmarkt zu integrieren. Bund, Kantone, Gemeinden und Organisationen der Arbeitswelt sollen gemeinsam Ausbildungsmöglichkeiten in jenen Bereichen entwickeln, die unter einem Fachkräftemangel leiden. Travail.Suisse erachtet die Integration von Migrantinnen und Migranten in den Arbeitsmarkt als zentral, unter anderem weil sie sich damit aus der Sozialhilfe befreien können. Wie der Bundesrat empfiehlt Travail.Suisse deshalb die Annahme dieser Motion.
Nationalrat – Motion Fraktion FDP. Nur noch vorläufiger Schutz für Asylsuchende aus Eritrea (15.3801). Ziel dieser Motion ist es, einer bestimmten Personengruppe, nämlich eritreischen Staatsangehörigen, anstelle des Status als Flüchtlinge mehr oder weniger systematisch einen Sonderstatus zuzuteilen. Der Bundesrat beantragt die Ablehnung der Motion. Travail.Suisse stimmt dieser Empfehlung aus Gründen der Rechtssicherheit und der Integrationspolitik zu. Einerseits müssen Asylgesuche einzeln geprüft werden, und das Gesetz verbietet es, eine gewisse Kategorie von Personen von diesem Recht auszunehmen. Andererseits würde der Status, der gemäss dieser Motion den in der Schweiz wohnhaften Eritreerinnen und Eritreern zugeteilt werden soll, ihren Integrationsprozess bremsen, was für die Betroffenen eine prekäre Situation sowohl auf dem Arbeitsmarkt als auch in der Gesellschaft zur Folge hätte.
Nationalrat und Ständerat – Motion Fraktion SVP und Motion Kuprecht. Systematische Grenzkontrollen sofort einführen (15.3842 und 15.3841). Diese beiden Motionen verlangen, angesichts der Flüchtlingsströme in Europa systematische Grenzkontrollen einzuführen, um illegale Einreisen zu verhindern. Der Bundesrat ist der Ansicht, dass die aktuelle Lage keine solche Grenzkontrollen erfordert, da weder die öffentliche Ordnung noch die innere Sicherheit ernsthaft bedroht sind. Travail.Suisse empfiehlt diese Motion zur Ablehnung und erinnert aus denselben Gründen wie der Bundesrat daran, dass Asyl ein Recht bleibt und alle Personen, die an der Grenze ein Asylgesuch stellen, aufgenommen werden müssen. Systematische Kontrollen würden an den Grenzen Behinderungen verursachen und hätten weitere nachteilige Folgen für die Schweiz. Ausserdem scheint die Finanzierung der für Kontrollen notwendigen zusätzlichen Infrastruktur angesichts der Herausforderungen im Zusammenhang mit der Integration von in der Schweiz wohnhaften Personen nicht prioritär.
Service public
Ständerat – Bestand des Bundespersonals auf dem Stand von 2015 einfrieren. Motion Finanzkommission (15.3494). Mit der Beschränkung des Bundespersonals auf den im Budget 2015 vorgesehenen Bestand (35’000 Vollzeitäquivalente) ist die Motion zu unflexibel. Gerade wenn sich die Konjunkturlage etwas eintrübt, muss die öffentliche Hand die Rolle eines Konjunkturmotors übernehmen, insbesondere indem sie auf eine allzu starre Personalpolitik verzichtet. Gegen eine zurückhaltende Einstellungspolitik, welche die Budgetvorgaben berücksichtigt, haben wir hingegen nichts einzuwenden. Wie der Bundesrat und entgegen der Haltung des Nationalrates empfiehlt Travail.Suisse die Ablehnung dieser Motion.
Steuer- und Finanzpolitik
Ständerat – Unternehmenssteuerreformgesetz III (15.049). Am 5. Juni 2015 verabschiedete der Bundesrat die Botschaft zu dieser Reform. Gegenüber der ursprünglichen Vorlage hat er leider den Hauptvorschlag einer Gegenfinanzierung durch Besteuerung der Kapitalgewinne zurückgezogen, der dem Bund und den Kantonen rund eine Milliarde Franken eingebracht hätte. Travail.Suisse befürwortet die Abschaffung der steuerlichen Sonderregimes, lehnt die Reform aber trotzdem ab, da sie angesichts der fehlenden Gegenfinanzierung für Bund und Kantone Steuerausfälle in Milliardenhöhe zur Folge hätte. Die Reform hat bereits mehrere Kantone dazu veranlasst, Steuersenkungen für Unternehmen zu planen, und es droht ein ruinöser Steuerwettbewerb, der einen Leistungsabbau im Service public oder Steuererhöhungen für die Bevölkerung zur Folge haben wird. Travail.Suisse fordert deshalb auch einen Mindeststeuersatz für Unternehmensgewinne von 17 Prozent, mit dem sich die Steuerausfälle auf ein geringes Mass beschränken liessen.
Die WAK-S ist auf den Entwurf eingetreten und hat die Detailberatung anlässlich ihrer Sitzung vom 19. November abgeschlossen. Die von der WAK-S vorgeschlagene Version entspricht im Wesentlichen dem Entwurf des Bundesrates. Eine Änderung betrifft die leichte Erhöhung des Kantonsanteils an der direkten Bundessteuer. Das Referendum gegen diese Vorlage ist absehbar.
Ständerat – Strategische Überprüfung der Bundesaufgaben. Motion (15.3013). Travail.Suisse empfiehlt dem Ständerat, die Motion abzulehnen und dem Nationalrat damit nicht zu folgen. Auch die Finanzkommission des Ständerats empfiehlt seinem Rat, die Motion abzulehnen, da der Bundesrat ein Sparprogramm plant, das er in die Vernehmlassung schicken wird. Travail.Suisse befürwortet ein Nein zur Motion, weil der finanzielle Spielraum der Schweiz mit einer geringen Verschuldungsquote nicht zum Sparen genutzt werden sollte, sondern für Investitionen, die namentlich aufgrund der Bevölkerungsentwicklung für die Zukunft unabdingbar sind.
*Nationalrat und Ständerat – Amtshilfe in Steuersachen. Übereinkommen des Europarates und der OECD. Genehmigung (15.047) und Internationaler automatischer Informationsaustausch im Steuerbereich. Bundesgesetz (15.046).** Travail.Suisse begrüsst die Zustimmung des Nationalrats zu diesen internationalen Abkommen, die es ermöglichen sollen, Steuerflucht und Steuerbetrug wirkungsvoll zu bekämpfen und das Schweizer Bankgeheimnis auf internationaler Ebene abzuschaffen. Abzulehnen ist hingegen bei diesen Vorlagen der Einschluss einer Steueramnestie, wie es der Nationalrat möchte. Hier ist deshalb der WAK des Ständerats zu folgen, die einstimmig vorschlägt, die vom Nationalrat beschlossene Steueramnestie abzulehnen. Die 2008 eingeführte Möglichkeit zu einer straflosen Selbstanzeige reicht. Beweis dafür ist die wachsende Zahl von Steuerzahlenden, die in den vergangenen Jahren so ihre Situation legalisiert haben. Die Einführung des AIA auf internationaler Ebene rechtfertigt auf keinen Fall eine zusätzliche Massnahme, von der vor allem die unehrlichen Steuerzahlenden profitieren würden.
Ständerat – Motion Nationalrat (Fraktion SVP). Abschaffung der Stempelabgabe auf rückkaufsfähigen Lebensversicherungen (11.3835). Diese von Nationalrat 2013 gegen die Empfehlung des Bundesrats knapp angenommene Motion ist abzulehnen. Diese Art von Versicherung ist steuerlich begünstigt, und die Stempelabgabe korrigiert lediglich eine zu starke Bevorzugung gegenüber anderen Vorsorgeinstrumenten.