In der kommenden Session wird das Parlament wiederum viele Geschäfte beraten, die für die Arbeitnehmenden von zentraler Bedeutung sind. Die Haltung von Travail.Suisse, dem unabhängigen Dachverband der Arbeitnehmenden, zu ausgewählten Geschäften ist im Folgenden kurz zusammengefasst.
Wirtschaftspolitik und Arbeitsmarktpolitik
Nationalrat – Motion WAK-NR. Währungsrisiken absichern (15.3007): Die Motion verlangt, den Finanzinstituten oder der Schweizerischen Nationalbank SNB in Zusammenarbeit mit der Exportrisikoversicherung Möglichkeiten aufzuzeigen, wie die Exportwirtschaft Währungsschwankungen günstig versichern kann. Der Entscheid der SNB zur Aufhebung des Mindestkurses für den Schweizer Franken stellt die Exportwirtschaft vor grosse Herausforderungen. Durch den Verlust von Wettbewerbsfähigkeit drohen in der Schweiz Arbeitsplätze verloren zu gehen. Falls eine preisgünstigere Versicherung der Währungsrisiken für Unternehmen möglich ist, ist insbesondere bei tiefen Margen mit einer Nachfrage und einem positiven Effekt auf die Wettbewerbsfähigkeit und den Erhalt von Arbeitsplätzen zu rechnen. Travail.Suisse empfiehlt diese Motion zur Annahme.
Nationalrat – Motion RK-NR. Fonds zur gerechten Entschädigung von Asbestopfern (14.3664): Diese Motion verlangt die Schaffung eines Fonds zur vollumfänglichen Entschädigung nach Haftpflichtrecht von Asbestopfern, die gegenüber einem zivil- oder vertragsrechtlich Haftenden aufgrund abgelaufener Fristen keine oder nur eine teilweise Genugtuung geltend machen konnten.
Asbesterkrankungen treten typischerweise oftmals erst 30 und mehr Jahre nach der Einwirkung auf. Dies bedingt einerseits eine Anpassung der Verjährungsfrist im Sinne einer Ausnahmeregelung für Asbestfälle. Andererseits können mit dem hier vorgeschlagenen Fonds Asbestopfer entschädigt werden, die bisher keine oder nur teilweise Genugtuung erhalten haben. Travail.Suisse empfiehlt diese Motion zur Annahme.
Ständerat – Bundesgesetz über die Ladenöffnungszeiten (14.095): Mit dem Bundesgesetz über die Ladenöffnungszeiten sollen die Ladenöffnungszeiten in der Schweiz auf Bundesebene geregelt werden. Das Gesetz sieht Mindestöffnungszeiten unter der Woche von 6-20 Uhr und an Samstagen von 6-19 Uhr vor. Damit müssten die bisher kantonal festgelegten Ladenöffnungszeiten in 17 Kantonen verlängert werden. Das Gesetz dient der Umsetzung der Motion Lombardi, die sich als Massnahme gegen den Einkaufstourismus verstanden wissen will. Sämtliche existierenden Untersuchungen zeigen, dass das hohe Preisniveau in der Schweiz die Hauptursache für den Einkaufstourismus darstellt und nicht Unterschiede in den Ladenöffnungszeiten. Verlängerte Ladenöffnungszeiten stellen für die rund 320‘000 Beschäftigten im Detailhandel eine grosse Belastung dar und führen zu einer Zunahme von überlangen Arbeitstagen, zerstückelten Diensten und grösseren Schwierigkeiten bei der Vereinbarung von Beruf und Familie. Allein in den letzten sechs Jahren gab es neun kantonale Abstimmungen zur Frage der Verlängerung der Ladenöffnungszeiten. Dabei wurden acht von der kantonalen Stimmbevölkerung abgelehnt. Travail.Suisse lehnt ein Gesetz, das die Probleme des Einkaufstourismus nicht löst, demokratisch legitimierte Entscheide in den Kantonen umstürzt und die Arbeitsbedingungen eines Grossteils der Beschäftigten im Detailhandel verschlechtert ab und empfiehlt das Bundesgesetz über die Ladenöffnungszeiten zur Ablehnung.
Ständerat – Motion Fraktion CVP. Gesetzliche Änderungen zur Förderung inländischer Arbeitskräfte (14.3835): Die Motion verlangt vom Bundesrat gesetzliche Massnahmen zur Förderung der Beschäftigung von weiblichen und älteren Arbeitnehmenden, um so die Abhängigkeit von ausländischen Arbeitskräften zu reduzieren. Travail.Suisse teilt die Einschätzung der Motion, dass bei den Frauen und den älteren Arbeitnehmenden die grössten Potenziale für den Arbeitsmarkt zu finden sind. Ergänzend dazu sieht Travail.Suisse auch im Bereich der Nachholbildung für Personen ohne Berufsabschluss, resp. mit einem nicht der Beschäftigung entsprechenden Abschluss, ein zu nutzenden Potenzial für den Arbeitsmarkt. Ebenso teilt der Dachverband die Einschätzung, dass die Fachkräfteinitiative (FKI) bisher zu wenig konkreten Massnahmen geführt hat. Insbesondere im Bereich der Vereinbarkeit von Beruf und Familie sowie der Lohndiskriminierung zwischen den Geschlechtern ist Handlungsbedarf gegeben. Dazu braucht es Massnahmen im Bereich des Wiedereinstiegs in die Arbeitswelt nach längerer Betreuungsabsenz sowie eine Bildungspolitik, die bereits in der Mitte des Erwerbslebens der Beschäftigten Massnahmen anbietet. Travail.Suisse empfiehlt diese Motion zur Annahme.
Sozialpolitik
Nationalrat – Motion (Hodgers) Trede. Einführung eines kantonalen Vaterschaftsurlaubes (13.3431): Der Bundesrat soll beauftragt werden, gesetzliche Änderungen vorzuschlagen, damit die Kantone einen über Sozialversicherungsbeiträge finanzierten Vaterschaftsurlaub einführen können. Travail.Suisse empfiehlt die Motion zur Annahme. Falls eine Bundeslösung beim Vaterschaftsurlaub weiterhin verzögert wird, sollen die Kantone die Kompetenz haben, selber über die Einführung eines Vaterschaftsurlaubs zu entscheiden. Ein Vaterschaftsurlaub ist ein Gebot der Zeit. Die neue Generation der Väter will Verantwortung für ihre Kinder übernehmen. Dazu gehört die Möglichkeit, ab Geburt präsent zu sein.
Nationalrat – Motion Feri. Familienergänzungsleistungen als Mittel zur Armutsbekämpfung (13.3351): Der Bundesrat soll beauftragt werden, ein Rahmengesetz für Ergänzungsleistungen für Familien in Zusammenarbeit mit den Kantonen auszuarbeiten. Travail.Suisse empfiehlt die Motion zur Annahme. Familienarmut ist eines der drei Handlungsfelder der nationalen Armutsstrategie. Einelternfamilien und Familien mit drei und mehr Kindern sind überdurchschnittlich von Armut betroffen. Verschiedene Kantone haben deshalb Ergänzungsleistungen für Familien eingeführt oder sind daran, diese einzuführen. Es braucht nun die Unterstützung des Bundes, um dieses zielgerichtete Instrument zur Bekämpfung der Familienarmut schweizweit zu etablieren. Es darf in der Schweiz nicht Glückssache sein, ob man als armutsgefährdete Familie unterstützt wird oder nicht.
Nationalrat – Postulat Fraktion RL. Sicherstellung der finanziellen Stabilität und Planbarkeit in der obligatorischen 2. Säule (13.3462): Das Postulat verlangt vom Bundesrat, verschiedene Vorschläge bezüglich Mindestumwandlungssatz BVG zu prüfen: eine Festlegung des Mindestumwandlungssatzes durch eine unabhängige Instanz; regelmässige Neufestlegung durch den Bundesrat; Einführung einer variablen Rente; Festlegung jahrgangsabhängiger Mindestumwandlungssätze. Travail.Suisse empfiehlt die Ablehnung des Postulats. Der Bundesrat hat seine Botschaft zur Altersreform vorgestellt. Dabei stellt er richtigerweise fest, dass der Mindestumwandlungssatz weitgehende Auswirkungen auf das verfassungsmässige Leistungsziel der Altersvorsorge hat. Deshalb muss er politisch ausgehandelt werden. Variable Renten und jahrgangsabhängige Mindestumwandlungssätze gefährden die Verlässlichkeit und damit das Vertrauen in die zweite Säule. Eine regelmässige Überprüfung des Mindestumwandlungssatzes sieht die Botschaft bereits vor.
Gleichstellungspolitik
Nationalrat – Motion Carobbio Guscetti. Praktika für den Wiedereinstieg ins Berufsleben. Rolle des Bundes (13.3272): Ein erfolgreicher Wiedereinstieg, beispielsweise nach der Aufgabe einer Erwerbstätigkeit aus familiären Gründen, benötigt grosse Anstrengungen seitens der Betroffenen – meistens Frauen. Selbst wenn Wissenslücken geschlossen und Kompetenzen auf den neuesten Stand gebracht werden, erhalten viele auf Stellenbewerbungen eine Absage. Es fehlt ihnen an Berufserfahrung. Wiedereinstiegskurse sehen deshalb häufig auch Praktika vor, die Organisatoren haben aber Mühe, genügend Unternehmen dafür zu gewinnen. Die Motion der Tessiner SP-Nationalrätin Carobbio Guscetti verlangt, dass der Bundesrat Massnahmen trifft, um Praktikumsplätze für den Wiedereinstieg zu schaffen. Dies einerseits in der Bundesverwaltung wie andererseits auch in Unternehmen, die dem Bund ganz oder teilweise gehören. Travail.Suisse unterstützt die Motion. Sie fordert einfache Massnahmen, die wirksam dazu beitragen, den Wiedereinstieg von Personen zu erleichtern, die sich vorübergehend vom Arbeitsmarkt zurückgezogen haben, aber von der Wirtschaft dringend benötigt werden. Das zeigt auch die Studie «Expérience ReProf» von Travail.Suisse, die 2013 erschien und an die diese Motion anknüpft. Die Motion ist eine konkrete Antwort auf die vom Bundesrat initiierte Fachkräfteinitiative (FKI).
Bildungspolitik
Nationalrat – Motion Aebischer. Finanzierung der Vorbereitungskurse für eidgenössische Berufs- und höhere Fachprüfungen (13.3020): Seit der Eingabe der Motion wurde im Bereich der Vorbereitungskurse eine Gesetzesänderung ausgearbeitet. Diese befindet sich gegenwärtig in Vernehmlassung. Sie sieht ab 2017 eine bessere Finanzierung dieser Kurse vor, wobei die Teilnehmenden über eine Subjektfinanzierung unterstützt werden sollen. Dieser Vorschlag wurde vom Bund zusammen mit den Kantonen und den Organisationen der Arbeitswelt ausgearbeitet. Insgesamt sollen rund 100 Millionen Franken pro Jahr mehr an öffentlichen Geldern in die Finanzierung der Vorbereitungskurse fliessen. Im Rahmen der Diskussion der BFI-Botschaft 2017-2020 wird die Aufteilung der Kostenübernahme durch Bund und Kantone zum Thema werden. Gemäss Berufsbildungsgesetz hat der Bund in der Regel 25% der Mehrkosten zu übernehmen, die Kantone 75%. Das Parlament wird im Rahmen der BFI-Botschaft 2016 entscheiden müssen, ob diese Regel auch im Hinblick auf die neue Finanzierung der Vorbereitungskurse gelten soll oder ob der Bund bereit ist, allenfalls mehr Kosten zu übernehmen. Die Motion Aebischer zielt darauf ab. Travail.Suisse unterstützt dieses Anliegen, da verhindert werden muss, dass eine bessere Finanzierung der Vorbereitungskurse zu Lasten der beruflichen Grundbildung geht. Es gibt dabei verschiedene, bereits angedachte Wege, sei es über die bessere Ausnützung der Gelder nach Artikel 54/55 BBG oder einen vom Parlament bewilligten und gegenüber der Richtgrösse von 25% leicht erhöhten Beitrag des Bundes an die Kosten der öffentlichen Hand an die Berufsbildung.
Nationalrat – Motion WBK-NR. Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses in der Schweiz (15.3000): Die WBK-NR packt mit ihrer Motion ein ernsthaftes Problem der schweizerischen Hochschulen an. Allerdings betrifft dieses Problem nicht nur die universitären Hochschulen, sondern auch die Fachhochschulen. Die Motion müsste deshalb ausgeweitet werden. Dies umso mehr, als erstens das Bundesgesetz über die Förderung der Forschung und der Innovation (FIFG) alle akkreditierten Hochschulen betrifft (vgl. Art. 4.c.2 FIFG), zweitens das Hochschulförderungs- und -koordinationsgesetz HFKG seit 1.1.2015 in Kraft ist und drittens die Probleme der Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses auch im Fachhochschulbereich inkl. Pädagogische Hochschulen virulent sind. Schliesslich sollten in der vorgeschlagenen Kommission auch die Dozierenden mit ihren Erfahrungen vertreten sein.
Umweltpolitik
Ständerat – Volksinitiative. Energiestrategie 2050, erster Teil. Für den geordneten Ausstieg aus der Atomenergie (13.074): Travail.Suisse ist insgesamt zufrieden mit der Behandlung der Energiestrategie 2050 im Nationalrat. Die erneuerbaren Energien werden mit einer KEV von bis zu 2,3 Rp./kWH effizient gefördert, und die Mittel für energetische Gebäudesanierungen entsprechen dem Entwurf. Erfreulich ist auch, dass der Nationalrat schliesslich die Schaffung eines Bonus-Malus-Systems zur Förderung von Energieeinsparungen gutgeheissen hat. Im Bereich der Atomenergie ist die vom Nationalrat gewählte Lösung angesichts der Kräfteverhältnisse im Parlament die bestmögliche (Abschaltung von Beznau I und II spätestens 2029 bzw. 2031 und verlängerbare, an Auflagen geknüpfte Bewilligungen für die KKW Gösgen und Leibstadt). Der Gesetzesentwurf wird nun in der UREK des Ständerats behandelt. Es ist sinnvoll, den Entwurf mit der geplanten vollständigen Liberalisierung des Strommarkts zu koppeln und die wirtschaftlichen Auswirkungen der Strategie 2050 zu prüfen. Travail.Suisse hofft sehr, dass die wichtigsten vom Nationalrat beschlossenen Bestimmungen auch im Ständerat Zustimmung finden und dieser nicht unter dem Vorwand des starken Frankens und der kurzfristigen Wettbewerbsfähigkeit gewisser Branchen wieder einen Schritt zurück macht.
Nationalrat – Volksinitiative und indirekter Gegenvorschlag. Für eine nachhaltige und ressourceneffiziente Wirtschaft (14.019): Mit dem indirekten Gegenvorschlag zur Initiative für eine nachhaltige Wirtschaft, den der Ständerat am 25. November 2014 verabschiedete, wurde der Entwurf des Bundesrats zur Revision des Umweltgesetzes stark verwässert (z.B. soll nur die im Inland, nicht aber die im Ausland verursachte Umweltbelastung verringert werden, während der bundesrätliche Entwurf dies zu Recht anders vorsah, da die Hälfte der Umweltbelastung im Zusammenhang mit dem Schweizer Konsum im Ausland anfällt). Verbindlichere Vorschriften für die Wirtschaft zur effizienten Ressourcenbewirtschaftung würden auch Chancen für die Cleantech-Branche und die Schaffung von Arbeitsplätzen in der Schweiz eröffnen. Es ist zu hoffen, dass der Nationalrat mehr Bewusstsein für eine nachhaltige Wirtschaft zeigt und er ein Umweltschutzgesetz verabschiedet, das wesentlich näher beim Entwurf des Bundesrats liegt. Weil nicht nur der Konsum, sondern auch die Produktionsverfahren zentral für eine nachhaltige Wirtschaft sind, fordert Travail.Suisse zudem, dass bei den übergreifenden Instrumenten zur Umsetzung einer nachhaltigen Wirtschaft an den Produktionsstandorten auch die Sozialpartner erwähnt werden.
Integrationspolitik
Nationalrat – Parlamentarische Initiative Marra. Die Schweiz muss ihre Kinder anerkennen (08.432): Es ist richtig, die Einbürgerungsverfahren für Ausländerinnen und Ausländer der dritten Generation zu vereinfachen, denn die Schweiz ist ganz klar das Land, zu dem diese Menschen den engsten Bezug haben. Die parlamentarische Initiative Marra, die viel zu lange in einer Schublade liegen geblieben ist, sieht vor, in solchen Fällen die Staatsbürgerschaft auf blossen Antrag der betroffenen Person bzw. ihrer Eltern zu gewähren. Voraussetzungen dafür sind, dass von den Grosseltern mindestens eine Person eine Aufenthaltsbewilligung besass oder besitzt und mindestens ein Elternteil in der Schweiz geboren wurde oder mit spätestens 12 Jahren in die Schweiz einwanderte. Der Bundesrat befürwortet den Entwurf. Travail.Suisse empfiehlt diese parlamentarische Initiative unbedingt zur Annahme.
Service public
Nationalrat – Grundversorgung. Allgemeine Verfassungsbestimmung (13.036): Travail.Suisse sprach sich bereits im Vernehmlassungsverfahren vom November 2010 für eine allgemeine Verfassungsbestimmung zur Grundversorgung aus. Aus dem Verfassungsartikel werden sich keine neuen Ansprüche ableiten lassen, er setzt jedoch ein politisches Signal, indem er zum Ausdruck bringt, dass die Grundversorgung eine entscheidende Rolle spielt, damit die gesamte Bevölkerung in allen Regionen Zugang zu den Leistungen des Service public hat. Deshalb empfiehlt Travail.Suisse dem Nationalrat, der Entscheidung des Ständerats und der eigenen Kommission zu folgen und einen solchen Verfassungsartikel für eine Grundversorgung zu verabschieden.
Ständerat – Volksinitiative. Für eine faire Verkehrsfinanzierung (14.089): Travail.Suisse empfiehlt dem Ständerat diese Initiative zur Ablehnung, da dem Bund jährlich rund 1,5 Milliarden Franken an Einnahmen verloren gingen, die für Ausgaben ausserhalb des Strassenverkehrs eingesetzt werden. Eine Annahme der Initiative würde ein einschneidendes Sparprogramm mit Kürzungen in wichtigen Aufgabenbereichen wie Forschung, Bildung und öffentlicher Verkehr nach sich ziehen. Insbesondere bei der Bahninfrastruktur könnte es dadurch zu wesentlichen Verzögerungen kommen. Die Initiative steht auch in Widerspruch zu einer koordinierten und ökologischen Verkehrspolitik, denn die Bahninfrastruktur wird namentlich durch eine Anhebung der Billetpreise finanziert, während sich die Automobilisten nicht durch höhere Abgaben finanziell am Ausbau des Nationalstrassennetzes beteiligen müssten.
Steuerpolitik
Nationalrat und Ständerat – Volksinitiative. Für Ehe und Familie – gegen die Heiratsstrafe (13.085): Auch wer die steuerpolitische Gleichstellung von Ehe- und Konkubinatspaaren befürwortet, muss die Initiative aufgrund der damit verbundenen Einnahmenausfälle für Bund und Kantone ablehnen. Je nach Umsetzung würden dem Bund dadurch zwischen 1 und 2,3 Milliarden Franken jährlich entgehen. Die Kantone müssten Einbussen hinnehmen, der ihrem Anteil aus der direkten Bundessteuer entspricht, d.h. 17% der Mindereinnahmen. Die steuerliche Gleichbehandlung muss ohne Steuerausfälle umgesetzt werden, d.h. allenfalls mit einer leichten Anhebung der Steuern für privilegierte Konkubinatspaare. Schliesslich ist in Erinnerung zu rufen, dass die steuerliche Benachteilung der Ehepaare bereits mit dem Inkrafttreten entsprechender Massnahmen 2008 in zwei Drittel der Fälle beseitigt wurde. Die Diskriminierung des letzten Drittels betrifft vorwiegend gut gestellte Ehepaare mit zwei Einkommen. Ein anderes Problem der Initiative besteht darin, dass sie einen Wechsel zur Individualbesteuerung verunmöglicht. Ein solcher wäre angesichts der Bevölkerungsentwicklung und im Hinblick auf eine höhere Erwerbsbeteiligung der Frauen nochmals anzustreben. Vor diesem Hintergrund würde Travail.Suisse allenfalls einen direkten Gegenvorschlag der Eidgenössischen Räte zur Initiative unterstützen, der einen Wechsel zur Individualbesteuerung mit geringeren Steuerausfällen ermöglicht.
Nationalrat – Motion Luginbühl. Steuerliche Abzugsfähigkeit von Bussen (14.3450): Der Bundesrat beantragt zu Recht die Annahme der Motion. Tatsächlich ist es stossend, dass finanzielle Sanktionen mit Strafzweck steuerliche Erleichterungen ermöglichen und damit die sanktionierende Wirkung teilweise wieder aufgehoben wird. Der Ständerat hat die Motion ganz klar angenommen. Nun wird erwartet, dass ihm der Nationalrat folgt. Schliesslich soll nicht die Allgemeinheit indirekt für finanzielle Sanktionen büssen, die gegen Unternehmen für unrechtmässige Geschäftspraktiken verhängt werden.