Der Ständerat weigert sich, den Grundsatz „ein Kind, eine Zulage“ bei den Familienzulagen zu verwirklichen. Er hat heute mit Stichentscheid der Präsidentin beschlossen, dass Selbständigerwerbende keine Kinder- und Ausbildungszulagen für ihre Kinder erhalten sollen. Travail.Suisse ist sehr enttäuscht vom Verhalten der CVP: Mehr als die Hälfte ihrer Fraktion stimmte gegen den Grundsatz „ein Kind, eine Zulage“ oder blieb der Abstimmung fern. So verhält sich keine Partei, die sich Familienpartei nennt. Da der Nationalrat anderer Meinung war, geht das Geschäft in die Differenzbereinigung. Travail.Suisse erwartet von der CVP, dass sie diese Panne dort korrigiert und sich zu den Familien bekennt.
Heute haben Selbständigerwerbende in vielen Kantonen kein Anrecht auf Kinder- und Ausbildungszulagen für ihre Kinder. Der ehemalige Travail.Suisse-Präsident Hugo Fasel hat deshalb mit einer parlamentarischen Initiative gefordert, dass auch Selbständigerwerbende dem schweizerischen Familienzulagengesetz unterstellt werden. Travail.Suisse, die unabhängige Dachorganisation der Arbeitnehmenden, welche sich schon seit ihrer Kinderzulagen-Initiative für den Grundsatz „ein Kind, eine Zulage“ stark macht, hat einen Vorschlag zur Umsetzung dieses Anliegens in die Diskussion eingebracht. Der Nationalrat ist dieser Argumentation gefolgt und hat das schweizerische Familienzulagengesetz entsprechend geändert. Nun hat sich der Ständerat heute bei 21 zu 21 Stimmen mit Stichentscheid der Präsidentin gegen eine solche Regelung ausgesprochen. Die von der Stimmbevölkerung 2006 mit aller Klarheit gewünschte Harmonisierung bleibt damit vorläufig unvollständig.
Es ist für Travail.Suisse völlig unverständlich, dass sich die CVP als „Familienpartei“ nicht klar zu diesem wichtigen familienpolitischen Anliegen bekennt. Sie hat heute eine grosse Chance verpasst. Travail.Suisse hofft, dass es sich beim heutigen Verhalten nur um eine Panne handelt und fordert, dass die CVP diese in der Differenzbereinigung korrigiert.
Verschiedene gewichtige Gründe sprechen für einen Einbezug der Selbständigerwerbenden. So ist ihr Durchschnittseinkommen mit jenem der Arbeitnehmenden vergleichbar. Der Anteil der wenig Verdienenden ist sogar noch grösser. Dass bereits 13 Kantone Zulagen an Selbständigerwerbende ausrichten, zeigt: Das Bedürfnis ist vorhanden. Ausserdem erhalten die Bauern – als Selbständigerwerbende notabene – seit jeher Kinderzulagen für ihre Kinder. Was für die Bauern gilt, soll auch für die anderen Selbständigerwerbenden eingeführt werden. Zudem wird das Missbrauchsrisiko eingeschränkt. Heute kann ein Selbständigerwerbender mittels einer geringfügigen Anstellung seiner Frau von wenigen Stunden pro Woche einen Anspruch auf eine volle Zulage erwirken. Dies ohne auf einem vollen Lohn die Finanzierungsbeiträge zu bezahlen. Mit einer Unterstellung der Selbständigerwerbenden ist dieses Vorgehen ausgeschlossen.