**Die Löhne in der Pharmabranche sind viel zu hoch oder steigen gar weiter an. Bei Novartis werden Stellen abgebaut, während die oberste Etage mehr verdient. In der Lonza werden die Konzernleitungslöhne erhöht und gleichzeitig müssen die Mitarbeitenden für den gleichen Lohn mehr Stunden leisten.*
Die vier untersuchten Chemie- und Pharmaunternehmen zeigen kein einheitliches Bild.
Novartis: 20 Millionen Franken mehr für die oberste Etage
Novartis lässt uns staunen. Während der Konzern in Basel Stellen abbaut und ein weiterer Stellenabbau nur durch Steuererleichterungen des Kantons Waadt verhindert werden konnte, steigen die oberen Löhne weiter an. Der CEO Joseph Jimenez verdient für das Jahr 2011 rund 15.7 Millionen Franken. Dies sind 22 Prozent mehr als im vorangehenden Jahr. Daniel Vasella, seit Februar 2010 nur noch als Verwaltungsratspräsident tätig, verdient noch immer 13 Millionen Franken. Im Geschäftsbericht wird ausgewiesen, dass Vasella an 15 Sitzungen pro Jahr teilnimmt. Daraus gibt sich eine Entschädigung von 900’000 Franken pro Sitzung.
Zudem können sich die Aktionäre bei Novartis dieses Jahr nicht zur Vergütung äussern. Während Roche, CS und UBS inzwischen jährliche Konsultativabstimmungen über die Vergütung kennen, sieht Novartis eine solche nur alle drei Jahre vor. Letztes Jahr wurde erstmals eine Abstimmung durchgeführt und prompt hatten 38 Prozent der Aktionäre gegen die Vergütung gestimmt. Dass Novartis dieses Votum nicht ernst nimmt, zeigt sich in der Vergütung für das Geschäftsjahr 2011. Das Unternehmen lässt sich weder von politischem Druck noch von der Meinung der Aktionäre beeindrucken und erhöht die Lohnsumme für die rund 20 Mitglieder von Verwaltungsrat und Konzernleitung um insgesamt 20 Millionen Franken.
Lonza und der Median-Lohn
Lonza verzeichnet 2011 einen Gewinnrückgang von 46 Prozent auf 175 Millionen Franken. Aufgrund dieser schlechten Performance musste der CEO Stefan Borgas das Unternehmen im Januar 2012 verlassen. Trotzdem enthält sein Lohn noch 45 Prozent Bonusanteil, was 1 Million Franken entspricht. Der Bonus wäre eine Leistungsprämie, welche gute Arbeit belohnen sollte. Die Auszahlung eines Bonus in dieser Höhe für einen CEO, der aufgrund schlechter Leistung entlassen wird, ist ein weiteres Beispiel für die Absurdität dieses Vergütungssystems.
Wird der Lohn von Borgas herausgerechnet, zeigt sich, dass der durchschnittliche Lohn für ein Konzernleitungsmitglied um 5 Prozent auf 1.5 Millionen Franken ansteigt. Laut dem Lonza-Geschäftsbericht wurden die Löhne der Geschäftsleitung nach oben angepasst, da diese momentan unter dem relevanten Markt-Median lägen. Eine solche Argumentation ist untragbar, weil damit die Lohnspirale weiter nach oben gedreht wird. Die Unternehmen suchen nach neuen Begründungen, um die Löhne weiter anzuheben, weil ihnen klar wird, dass die durch Leistung begründeten Boni nicht mehr für alles hinhalten.
Während sich also die Chefetage um die branchenüblichen Managerlöhne kümmert, haben die Angestellten der Lonza in Visp andere Sorgen. Lonza hat dort die Wochenarbeitszeit für den gleichen Lohn von 41 auf 42.5 Stunden erhöht. Diese Erhöhung ist immer noch in Kraft und dauert voraussichtlich bis Ende 2012 an.
Clariant aus der Krise, Geschäftsbericht bleibt intransparent
Clariant liefert hingegen gute Zahlen. Gewinn und Umsatz sind angestiegen. Es scheint, dass die Krise der letzten Jahre überwunden ist. Die Lohnschere zwischen dem tiefstem Lohn und dem Lohnaufwand für ein Konzernleitungsmitglied verharrt bei 1 zu 58. Auch die durchschnittliche Vergütung pro Verwaltungsrat bleibt unverändert.
Doch eigentlich sind diese Zahlen bei Clariant nicht sehr aussagekräftig. Denn die Darstellung im Geschäftsbericht ist unübersichtlich und zum Teil fehlen Angaben, welche für das umfassende Verständnis der Entlöhnung notwendig wären. Zum Beispiel hat sich die Anzahl Aktien für die Konzernleitung um 75 Prozent erhöht, der „Gesamtmarktwert bei Vergabe“ ist laut Clariant jedoch um 4 Prozent gesunken. Das ist durchaus möglich, es werden aber keine Angaben zum verwendeten Kurs gemacht. Dieser hat im letzten Jahr teilweise stark geschwankt. Gerade in einer solchen Situation wäre Transparenz über den verwendeten Kurs dringend angebracht. Klar ist schon heute, dass der Gegenwert der Vergütung 2011 mit der bereits eingesetzten Erholung der Clariant-Aktie stark ansteigen wird.
Roche: Löhne bleiben viel zu hoch
Grundsätzlich begrüsst Travail.Suisse die Lohnentwicklung bei Roche. Denn mit Ausnahme des Lohns von CEO Severin Schwan sinken oder stagnieren die untersuchten Löhne. Die Lohnschere zwischen dem tiefsten Lohn und dem Lohnaufwand pro Konzernleitungsmitglied schließt sich um 17 Prozent auf 1 zu 97. Dieser Rückgang ist aber vor allem auf einen tieferen Marktwert eines Vergütungsbestandteils zurückzuführen. Noch immer verdient Verwaltungsratspräsident Franz Humer 151-mal mehr als ein Mitarbeitender mit dem tiefsten Lohn im Unternehmen. Severin Schwan seinerseits verdient ganze 219-mal mehr als der Mitarbeitende mit dem Tiefstlohn (5 Prozent mehr als letztes Jahr). An dem grundsätzlichen Missverhältnis hat sich also nichts geändert.