Seit über einem Jahrzehnt untersucht Travail.Suisse, der unabhängige Dachverband der Arbeitnehmenden, die Entwicklung der Managerlöhne. Das Fazit der 15. Erhebung ist durchzogen, dennoch öffnet sich in der Mehrheit der untersuchten Unternehmen die Lohnschere weiter. Die Chefs gewähren sich satte Lohnerhöhungen, während bei den tiefen Einkommen Lohndruck, Unsicherheit und Angst um den Arbeitsplatz zunehmen. Die angenommene Abzockerinitiative kann diesen Trend nicht stoppen, zu wenig griffig sind die umgesetzten Massnahmen in der Aktienrechtsrevision.
Bereits zum fünfzehnten Mal in Folge hat Travail.Suisse die Schere zwischen den höchsten und den tiefsten Löhnen in 26 Schweizer Unternehmen untersucht. Die Analyse fördert beunruhigende Entwicklungen zu Tage.
Massive Zunahme der Entschädigungen bei den Konzernleitungsmitgliedern
Im Vergleich mit den letzten Jahren fiel die Entwicklung der Managerlöhne 2018 durchzogen aus. Während sich die Entschädigungen bei den CEO auf dem Niveau des Vorjahres bewegten, legen die übrigen Mitglieder der Konzernleitungen durchschnittlich um satte 7 Prozent zu. Seit 2011 haben damit die Cheflöhne um 19 Prozent zugenommen, während sich die normalen Arbeitnehmenden im gleichen Zeitraum mit 4.3 Prozent mehr Lohn zufrieden geben mussten. In den letzten beiden Jahren mussten die Arbeitnehmenden der Schweiz bedingt durch die wieder anziehende Teuerung sogar Reallohnverluste hinnehmen. „Während bei den normalen Arbeitnehmenden auf die Lohnbremse getreten wird – scheint dies in der Chefetage nicht zu gelten“, sagt Adrian Wüthrich, Präsident von Travail.Suisse. Folglich öffnet sich auch die Lohnschere munter weiter. Wie die Managerlohnstudie zeigt, lag die durchschnittliche Lohnschere in den Unternehmen 2011 noch bei 1:45 und hat sich bis 2018 auf rund 1:51 geöffnet. Diese Entwicklung ist keinesfalls nur von den grössten Unternehmen der Finanz- und Pharmabranche geprägt, sondern lässt sich quer durch alle Branchen feststellen. Beispielhaft für die Öffnung der Lohnschere in den letzten Jahren stehen Helvetia mit CEO Philip Gmür (von 1:25 auf 1:37), Lonza mit Chef Richard Ridinger (von 1:40 auf 1:88) oder die restlichen Konzernleitungsmitglieder von Valora (von 1:12 auf 1:28) oder SwissLife (von 1:35 auf 1:42).
Aktienrechtsrevision immer noch zahnlos gegen übertriebene Managerlöhne
Letzte Woche hat der Ständerat die Aktienrechtsrevision und damit auch die Umsetzung der Abzockerinitiative beraten. Dabei verpasste er leider die Chance, mit griffigen Massnahmen wirksam gegen übertriebene Managerlöhne vorzugehen. Aus Sicht von Travail.Suisse sind dafür folgende Lücken verantwortlich:
Mangelhafte Transparenz: Auch zukünftig müssen die Vergütungen der Mitglieder der Konzernleitungen nicht individuell ausgewiesen werden, womit die Transparenz unvollständig bleibt. Ebenfalls unklar bleiben die Zusatzeinzahlungen in die Pensionskassen von Konzernleitungsmitgliedern. Ausserordentlich hohe Vergütungen für die Manager werden so auch über die berufliche Laufbahn hinaus zementiert.
Wenig sinnvolle Boni-Genehmigung: Die Genehmigung der Boni vor dem Geschäftsergebnis widerspricht komplett der Logik der leistungsabhängigen Vergütung. Ebenso die Möglichkeit zur gemeinsamen Abstimmung über Fixlohn und Boni an den Generalversammlungen.
Umgehungen: Antritts- und Abgangsentschädigungen sollten verboten werden, bleiben aber als Antrittsprämien bestehen. Zukünftig hypothetisch entgangene Boni des alten Arbeitgebers werden vorsorglich und ohne erbrachte Leistung schon mal vom neuen Arbeitgeber vorkompensiert – eben als Antrittsprämie. Auch überlange Lohnfortzahlungen, Konkurrenzverbote und intransparente Beraterverträge sind weiterhin möglich.
Keine Bonibeschränkung: Eine Regelung zum maximalen Anteil der Boni an der gesamten Vergütung fehlt vollständig. Bonianteile bis über 80% der Gesamtentschädigung mit entsprechenden Fehlanreizen bleiben somit weiter möglich.
„Mit dieser Umsetzung bleibt die Abzockerinitiative wirkungslos. Die Politik scheint nicht gewillt, mit griffigen Massnahmen gegen den absurden Bonirausch in den Chefetagen und damit sich öffnender Lohnschere vorzugehen“, so Wüthrich weiter.
Geschlechterrichtwerte als dringend notwendiger Schritt
Ein wichtiges Ergebnis der Beratung der ist die Zustimmung des Ständerates zu den befristeten Geschlechterrichtwerten in den Konzernleitungen und Verwaltungsräten. Dieser Schritt ist dringend notwendig, das zeigt auch die Managerlohnstudie von Travail.Suisse. In knapp der Hälfte der untersuchten Unternehmen sind reine Männergremien an der Spitze und von den 208 Konzernleitungsposten waren Ende 2018 lediglich 19 von Frauen besetzt, was einen beschämenden Frauenanteil von 8.8 Prozent ergibt. „Die Geschlechterrichtwerte sind ein wichtiger Schritt zur Erreichung von echter Gleichstellung der Geschlechter“, gibt sich Wüthrich überzeugt.
Weitere Informationen:
Adrian Wüthrich, Präsident Travail.Suisse und Nationalrat, Mobile: 079 287 04 93
Carole Furrer, Vize-Präsidentin Travail.Suisse und Präsidentin SCIV, Mobile: 079 524 66 74
Gabriel Fischer, Leiter Wirtschaftspolitik Travail.Suisse, Mobile: 076 412 30 53