Eine Koalition von 23 Schweizer Entwicklungshilfe- und Menschenrechtsorganisationen – darunter Brücke · Le pont – fordert in einem offenen Brief an Bundesrat Ignazio Cassis, dass sich die Schweiz auch in Zukunft in Lateinamerika engagiert. Die Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (DEZA) hatte einen Kurswechsel angekündigt, der auch den Rückzug aus Lateinamerika beinhaltet.
Die NZZ am Sonntag veröffentlichte am 17. Juni 2018 einen Artikel, in welchem gut informierte Quellen von einem geplanten graduellen Ausstieg der Südzusammenarbeit der Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (DEZA) aus Lateinamerika berichten. An der Jahreskonferenz der (DEZA) zwei Wochen später kündigte der DEZA-Chef und Aussenminister Ignazio Cassis zudem eine thematische und geographische Schwerpunktsetzung der DEZA an. Die Ankündigung in Verbindung mit dem Artikel löste bei zahlreichen Organisationen der Schweizer Zivilgesellschaft grosse Besorgnis aus. Am 4. Juli unterzeichnete deshalb Brücke · Le pont zusammen mit 22 weiteren Organisationen einen offenen Brief an den Bundesrat. Darin fordert das Hilfswerk von Travail.Suisse, dass sich die Schweiz auch in Zukunft in Lateinamerika engagiert.
Die Präsenz und die Programme der DEZA in Lateinamerika, namentlich in Bolivien, Kolumbien, Nicaragua, Honduras, Haiti und Kuba, geniessen hohe Anerkennung, sowohl in den betreffenden Ländern, als auch bei der internationalen Gemeinschaft im Allgemeinen. Das langfristige Engagement, das mit innovativen Strategien und Ansätzen auf die grundlegenden Ursachen von Armut, stagnierender Entwicklung, Fragilität, Menschenrechtsverletzungen und Gewalt abzielt, wird sehr geschätzt und ist gerade in Anbetracht der aktuellen Entwicklungen in der Region dringend nötig.
Die unterzeichnenden Organisationen, die wie Brücke · Le pont teilweise seit Jahrzehnten in verschiedenen Ländern Lateinamerikas tätig sind, beobachten mit grosser Besorgnis die gravierenden Menschenrechtsverletzungen, die sozio-politischen Konflikte und die massive kriminelle, strukturelle und politische Gewalt, welche die Region und insbesondere Zentralamerika an den Rand einer humanitären Tragödie bringen. So sterben in Honduras, einem Programmland von Brücke · Le pont, jährlich tausende von Menschen, insbesondere Jugendliche, durch kriminelle und politische Gewalt. Hunderttausende sind auf der Flucht in Richtung Norden. Viele Länder Lateinamerika sind fragil und von sozialen, politischen und klimatischen Krisen betroffen – etwa Haiti, Kolumbien und jüngst Nicaragua. Einige Regionen weisen enorm hohe und teilweise steigende Raten von Armut und extremer Armut auf.
Vor diesem Hintergrund wäre für Brücke · Le pont ein Ausstieg der DEZA aus Lateinamerika ein herber Verlust und ein weltpolitisch falsches Signal der Schweiz. Er würde den langfristigen Interessen der Schweiz einer friedlichen und gerechten internationalen Ordnung zuwiderlaufen und das Vertrauen in die Schweiz als glaubwürdiger Akteur auf internationalem Parkett gefährden.
Brücke · Le pont fordert gemeinsam mit 22 weiteren Organisationen deshalb, in den Diskussionen rund um die zukünftige Ausrichtung der internationalen Zusammenarbeit von einer einseitigen Verknüpfung mit kurzfristigen wirtschaftlichen und migrationspolitischen Interessen der Schweiz abzusehen und in diesem Sinne auch auf einen graduellen Ausstieg der DEZA aus Lateinamerika zu verzichten.