Travail.Suisse, die unabhängige Dachorganisation der Arbeitnehmenden, ist nicht grundsätzlich gegen die vollständige Öffnung des Strommarktes; allerdings lehnt sie die Revision des Stromversorgungsgesetzes ab, weil diese keine Begleitmassnahmen zugunsten des Personals in der Elektrizitätswirtschaft vorsieht. Bedingung für die vollständige Strommarktöffnung ist zudem die Inkraftsetzung des Stromabkommens mit der Europäischen Union (EU).
Der Revisionsentwurf des Stromversorgungsgesetzes (StromVG) – die Vernehmlassung dazu endet Ende Monat – entspricht den von Travail.Suisse formulierten Bedingungen nicht. Mit der vollständigen Öffnung des Strommarktes wird sich die Konkurrenz verschärfen und auf die Margen der Elektrizitätsversorgungsunternehmen (EVU) drücken. Die EVU gehören zu 90 Prozent der öffentlichen Hand, die Löhne und Arbeitsbedingungen des Personals sind deshalb meist eher gut. „Eine Verschlechterung der Arbeitsbedingungen kommt nicht in Frage“, unterstreicht Denis Torche. „Das beste Mittel, um die Arbeitsbedingungen im Falle einer vollständigen Öffnung des Strommarktes zu erhalten, ist die Stärkung der Sozialpartnerschaft. Im Gesetz muss deshalb der Grundsatz eines Branchengesamtarbeitsvertrags für die Stromwirtschaft verankert werden“.
Das neue Stromversorgungsgesetz muss zudem einen Artikel enthalten, der die Bildung und Weiterbildung des Personals fördert. Denn die vollständige Marktöffnung wird die Notwendigkeit von beruflichen Neuorientierungen und Umschulungen beschleunigen. Die Stellen im Bereich der Energiedienstleistungen und des Umbaus der Stromnetze (intelligente Netze) müssen dabei besonders gefördert werden. Es liegt auch im Interesse der Elektrizitätswirtschaft, dass dafür ausreichend qualifiziertes Personal vorhanden ist. Travail.Suisse stellt sich nicht gegen Effizienzsteigerungen und mehr Transparenz im Stromnetz; aber die Anreizregulierung darf nur umgesetzt werden, wenn die guten Arbeitsbedingungen und Löhne erhalten bleiben.
Der heutige Strommarkt funktioniert gut und die Versorgungssicherheit ist gewährleistet. Die vollständige Marktöffnung ist nur sinnvoll, wenn ein Stromabkommen mit der EU in Kraft tritt, welches der Elektrizitätswirtschaft den vollständigen und sicheren Zugang zum europäischen Markt ermöglicht. Ein abschliessendes Urteil zum Stromabkommen ist allerdings erst möglich, wenn dieses veröffentlicht wird.
Für mehr Informationen :
Adrian Wüthrich, Präsident Travail.Suisse und Nationalrat, 079 287 04 93
Denis Torche, Leiter Energiepolitik, 031 3790 21 11 oder 079 846 35 19