Travail.Suisse, der unabhängige Dachverband der Arbeitnehmenden, traf sich im Dezember 2017 mit dem Staatssekretariat für Migration (SEM) mit dem Ziel, die Zusammenarbeit zu intensivieren und sich über den Stand der laufenden Projekte zu informieren. Der Arbeitsmarktzugang für anerkannte Flüchtlinge und vorläufig Aufgenommene hat seit einigen Jahren auf politischer Ebene an Bedeutung gewonnen. Das Pilotprojekt Integrationsvorlehre des SEM, welches ab 2018 starten wird, ist ein konkretes Beispiel dafür. Im Moment sind noch immer einige Fragen offen, dem Engagement der Sozialpartner kommt jedoch weiterhin eine zentrale Bedeutung zu.
In Anbetracht der politischen Bestrebungen der letzten Jahre, vermehrt auf das Potenzial der einheimischen Arbeitskräfte zu setzen, gewann unter anderem die Erwerbsintegration von Personen aus dem Asylbereich an Bedeutung. Travail.Suisse unterstützte die Idee, Ausbildungs- und Erwerbsintegrationsangebote auf die spezifischen Bedürfnisse von Personen aus dem Asylbereich auszurichten. In einer ihrer 2016 verabschiedeten Resolutionen betonte Travail.Suisse auch die Notwendigkeit eines stärkeren politischen Willens zur Umsetzung der Integrationsziele. Daher erschien es ihr Ende 2017 wichtig, ihren Standpunkt zu überprüfen und erneut auf die Bedeutung der Sozialpartnerschaft hinzuweisen. Daraus entstand der Wunsch nach einem Treffen mit dem SEM.
2018 wird ein besonderes Jahr werden, in welchem einige Projekte (beispielsweise jenes der Integrationsvorlehre) umgesetzt und neue Gesetzesbestimmungen (insbesondere das Integrationsgesetz und die entsprechenden Verordnungen) in Kraft treten werden. Dank der engen Zusammenarbeit der Sozialpartner sollte es unter anderem möglich sein, Informationen leichter zu verbreiten und die Entwicklung der Arbeits- und Lohnbedingungen zu verfolgen, die unter Berücksichtigung von kantonalen und branchenspezifischen Gegebenheiten in Gesamtarbeitsverträgen ausgehandelt werden müssen. Bei den von Travail.Suisse nachfolgend aufgeführten Kernpunkten handelt es sich nicht um eine abschliessende Stellungnahme, sondern um grundlegende Aspekte, die bei der Integration von Personen aus dem Asylbereich zu berücksichtigen sind.
Eine bessere Sensibilisierung und eine starke politische Botschaft
Im aktuellen integrationspolitischen Umfeld ist in Anbetracht des vielfältigen Angebots eine angemessene Information vonnöten. Diesbezüglich begrüsst Travail.Suisse die im Dezember 2017 angekündigte Ernennung eines Beauftragten für Flüchtlinge und Wirtschaft, dessen Aufgabe darin besteht, private Unternehmen und Wirtschaftsverbände über die Einsatzmöglichkeiten von Flüchtlingen und vorläufig aufgenommenen Personen zu informieren. Des Weiteren gilt es die Personen aus dem Asylbereich und die Organisationen, welche die Interessen der Arbeitnehmenden vertreten, zu informieren und zu sensibilisieren. Letztere sind vor allem auch bei lohnrelevanten Themen involviert. In diesem Zusammenhang gilt es insbesondere zwischen dem Projekt der Integrationsvorlehre und der direkten Erwerbsintegration zu unterscheiden. Die Integrationsvorlehre hat nämlich kein Sozial- oder Lohndumping zur Folge, während bei der direkten Arbeitsmarktintegration darauf geachtet und überprüft werden muss, dass unter dem Vorwand des tiefen Qualifikationsniveaus der Arbeitskräfte aus dem Asylbereich die Dumpingsituationen nicht zunehmen. Zusätzlich zur Sensibilisierung muss eine starke politische Botschaft vermittelt und hervorgehoben werden, dass die Personen aus dem Asylbereich zur Deckung des Arbeitskräftebedarfs auf dem Arbeitsmarkt benötigt werden und einen gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Beitrag leisten. Mit einer solchen Botschaft können der soziale Zusammenhalt gestärkt und eine Zweiklassenpolitik vermieden werden, bei der sich die Bestrebungen zur Errichtung von rechtlichen und administrativen Hindernissen und der Wille zur besseren Integration gegenüberstehen.
Abbau von Hindernissen für eine erfolgreiche Projektumsetzung
Obwohl im Bereich der Gesetzgebung Fortschritte erzielt wurden, um den Personen aus dem Asylbereich den Zugang zum Arbeitsmarkt zu erleichtern, ist die rechtliche Situation insbesondere der vorläufig Aufgenommenen immer noch mit grossen Unsicherheiten verbunden. Die Abschaffung der Sonderabgabe von zehn Prozent auf dem Erwerbseinkommen und des Verfahrens zum Erhalt einer Arbeitsbewilligung ist gewiss ein positives Signal. Die Stärkung des Status dieser Personen würde jedoch auch deren Arbeitsmarktintegration verbessern und folglich die Umsetzung der Integrationsprojekte erleichtern. In diesem Sinne sollte die Motion «Ersatz des Status der vorläufigen Aufnahme», die zurzeit von den eidgenössischen Räten behandelt wird, eine Statusänderung ermöglichen, welche die Arbeit der kantonalen Behörden nicht behindert und die Integration der Personen aus dem Asylbereich erleichtert. Des Weiteren sollte durch die Möglichkeit eines Kantonswechsels und die administrative Vereinfachung der Anstellungsverfahren die berufliche Mobilität gefördert werden.
Ausbau der Möglichkeiten der Erwerbsintegration
Zurzeit stehen nicht genügend Lehrstellen und Arbeitsplätze für all jene Personen zur Verfügung, deren Arbeitsmarktintegration nicht auf Anhieb gelingt. Daher sollten die Unternehmen mehr Praktikumsplätze anbieten und die Schaffung neuer Stellen in Betracht ziehen. Im Rahmen des Integrationsvorlehre-Programms, welches nicht direkt zum Eintritt in den Arbeitsmarkt führt, haben aktuell bereits 19 Kantone dem SEM ein Programm vorgelegt. Auf Grund der hohen Nachfrage konnten alle Stellen besetzt werden. Dies ist ein positives Zeichen und zeigt, dass ein echtes Bedürfnis besteht. Daher müsste im Bereich der Berufsbildung gewiss eine Ausweitung des Projektangebots in Erwägung gezogen werden.
Erhöhung der finanziellen Mittel
Ob die Zielsetzungen mit der gewünschten Effizienz erreicht werden können, hängt fast immer von den verfügbaren finanziellen Mitteln ab. Es ist absehbar, dass in den kommenden Jahren die Anzahl der im Asylbereich zu betreuenden Personen zunehmen wird. Unter den Flüchtlingen und den vorläufig Aufgenommenen ist mit einem hohen Anteil von rund 30 Prozent an Jugendlichen und jungen Erwachsenen zu rechnen. Diese Personen, die sich in Ausbildung befinden oder in den kommenden Jahren eine solche absolvieren werden, müssen später in den Arbeitsmarkt integriert werden. Daher ist es wichtig, dass die neuen Bedürfnisse erhoben und die für die Integration vorgesehenen Gelder nicht gekürzt werden. Auch im Bildungsbereich sollte ein Zusatzkredit gesprochen werden. Werden nicht genügend finanzielle Mittel bereitgestellt, wird die gesamte Bevölkerung die sozialen und wirtschaftlichen Konsequenzen stärker zu spüren bekommen.