Nachdem die Demografie jahrzehntelang zur Schwarzmalerei in Bezug auf die Altersvorsorge gedient hat, wird sie nun als Einwanderungsdebatte zelebriert. Beide Diskussionen lenken vom eigentlichen Problem ab: einem Arbeitskräftenotstand, der die Lebensqualität der Menschen in der Schweiz bedroht. Eine Studie des Büro BASS zeigt, dass im Jahr 2030 über 400’000 Arbeitsplätze nicht besetzt werden könnten. In einem heute publizierten Thesenpapier skizziert Travail.Suisse eine neue Sicht der Demografie und der wichtigsten damit verbundenen Herausforderungen.
Die Finanzierung der Altersvorsorge stand während Jahrzehnten im Fokus der Demografiediskussion. Die Horrorszenarien von milliardenschweren Defiziten bei der AHV wurden unterdessen vom Bundesamt für Sozialversicherungen ad acta gelegt.
Vierhunderttausend fehlende Arbeitskräfte: Bedrohte Lebensqualität
Die grösste Herausforderung der Demografie ist jedoch der Arbeitskräftenotstand. Eine von Travail.Suisse in Auftrag gegebene Studie des Büro BASS kommt zum Schluss, dass im Jahr 2030 über 400’000 Arbeitskräfte fehlen werden. Diese grosse Zahl zeigt, dass der Arbeitskräftenotstand Bereiche erfassen wird, die für die Lebensqualität der ganzen Bevölkerung entscheidend sind: Pflegenotstand in Spitälern und Heimen, massiv grössere Klassen an der Volksschule wegen Mangel an Lehrkräften, Einschränkungen im Sicherheitsdienst wegen Polizistenmangel, ausfallende Züge aufgrund fehlender Lokführer etc.
Arbeitsmarkt demografietauglich machen: Potential von 200’000 Arbeitskräften nutzen
Damit der Arbeitskräftenotstand verhindert werden kann, ohne die Einwanderung massiv zu erhöhen, braucht die Schweiz einen demografietauglichen Arbeitsmarkt. Die Arbeitnehmenden müssen gestärkt und das vorhandene Arbeitskräftepotential in der Schweiz optimal genutzt werden. Die BASS-Studie zeigt, dass insbesondere bei den älteren Arbeitnehmenden und bei teilzeitbeschäftigen Frauen noch ein Potential von mindestens 200’000 Arbeitskräften vorhanden ist. Dazu sind aber Investitionen in die Gesundheit und die Bildung der Arbeitnehmenden sowie in die Vereinbarkeit von Berufstätigkeit und Familie nötig. Konkret heisst das zum Beispiel mehr Ferien und mehr altersgerechte Arbeitsbedingungen für mehr Gesundheit, ein Vaterschaftsurlaub, mehr Teilzeitstellen und flächendeckende Betreuungseinrichtungen zur besseren Vereinbarkeit sowie ein Weiterbildungsobligatorium zur Steigerung des Bildungsniveaus aller Arbeitnehmenden.
10 Thesen zur Demografie als Kongressthema
Diese Sicht der demografischen Entwicklung und die Forderungen für notwendige Anpassungen hat Travail.Suisse in einem heute präsentierten Thesenpapier festgehalten. Das Thesenpapier soll am 10. September am Kongress von Travail.Suisse von den Delegierten diskutiert und verabschiedet werden.