Unter dem Titel „15 Jahre Personenfreizügigkeit“ hat das Seco heute den 13. Observatoriumsbericht veröffentlicht. Darin werden die positiven Effekte auf die Wirtschaftsentwicklung und die Stabilisierung der Sozialwerke ebenso deutlich, wie negative Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt. Für Travail.Suisse, den unabhängigen Dachverband der Arbeitnehmenden, braucht es nebst verbessertem Schutz der Löhne und Arbeitsbedingungen auch eine wirksame Stellenmeldepflicht, um die Chancen von diskriminierten Personen auf dem Arbeitsmarkt zu verbessern.
Der Observatoriumsbericht zeichnet ein positives Bild der Personenfreizügigkeit. Die Zuwanderung ist in erster Linie in den Arbeitsmarkt erfolgt und hat eine positive Wirtschaftsentwicklung gebracht. Ausserdem hat die Zuwanderung von gutqualifizierten und jüngeren Arbeitnehmenden auch die Sozialwerke stabilisiert. Zu den Schattenseiten gehören Entwicklungen auf dem Arbeitsmarkt: So haben sich die Lohnunterschiede zwischen neu zugewanderten und ansässigen Arbeitnehmenden in den letzten Jahren verstärkt – ein klares Zeichen für verstärkten Lohndruck. „Zwar konnte dank den flankierenden Massnahmen ein deutliches Absinken der tiefen Löhne verhindert werden, aber gedämpfte Lohnentwicklungen und Verdrängungseffekte auf Teilen des Arbeitsmarktes gehören zu den Begleiterscheinungen der Personenfreizügigkeit“, sagt Gabriel Fischer, Leiter Wirtschaftspolitik bei Travail.Suisse. Mit den flankierenden Massnahmen soll dafür gesorgt werden, dass in der Schweiz auch wirklich Schweizer Löhne bezahlt und die Arbeitsbedingungen eingehalten werden. Um dieses Ziel sicherzustellen braucht es eine konsequente Anwendung und eine laufende Verbesserung der Instrumente.
Stellenmeldepflicht: Personenfreizügigkeit muss allen nützen
Auch wenn das gesamtwirtschaftliche Fazit der Personenfreizügigkeit positiv ausfällt, profitieren längst nicht alle gleichermassen von ihrer Rendite. Je nach Qualifikationsniveau (höher und niedrig Qualifizierte mit verstärktem Konkurrenzdruck), Alter (ältere Arbeitnehmende und Berufseinsteiger mit Problemen bei der Rückkehr in den Arbeitsmarkt) und Wohnort (Tessin und andere Grenzregionen mit kritischer Situation auf dem Arbeitsmarkt) sind diese negativen Begleiterscheinungen stärker spürbar. Die Politik muss dafür sorgen, dass die Personenfreizügigkeit allen nützt. Dazu muss die Stellenmeldepflicht wirksam umgesetzt werden, um die Chancen von arbeitslosen Personen spürbar zu verbessern. Für Travail.Suisse ist klar: Nur mit funktionierendem Schutz der Löhne und Arbeitsbedingungen, einer besseren Integration von Jugendlichen in den Arbeitsmarkt, einer erhöhten Arbeitsmarktpartizipation der Frauen und einem gesicherten Verbleib von älteren Arbeitnehmenden im Arbeitsmarkt, wird es gelingen, die Bevölkerung nachhaltig von den Vorteilen der Personenfreizügigkeit zu überzeugen.
Für weitere Informationen:
Gabriel Fischer, Leiter Wirtschaftspolitik, 076 412 30 53