Die neue Organisation des Hochschulraums sei gelungen, sagt der ehemalige EDK-Generalsekretär Hans Ambühl. Ein erster Meilenstein sei die Schaffung neuer Studienplätze für angehende Ärzte. Den Beitrag von Travail.Suisse und anderer Organisationen der Arbeitswelt findet der zurückgetretene Sekretär wertvoll. Er ist sich sicher: Die anstehenden Debatten im Hochschulrat werden lebhaft.
Seit Anfang Jahrtausend war Hans Ambühl Generalsekretär der Schweizerischen Konferenz der kantonalen Erziehungsdirektoren (EDK). In dieser Funktion hatte er die Zusammenarbeit der Kantone im Hinblick auf das Hochschulförderungs- und Koordinationsgesetz entscheidend geprägt. Anfang April ging der 63-Jährige in Pension und übergab sein Amt an seine Stellvertreterin Susanne Hardmeier. Travail.Suisse hat mit dem Juristen darüber seine Erfahrungen in den neuen Gremien des Hochschulraums gesprochen.
Seit gut zwei Jahren arbeiten die Kantone im Bereich Hochschulen verstärkt zusammen. Funktioniert das?
Hans Ambühl: Ja, sehr gut. Was es zu koordinieren gilt, besprechen die 26 Erziehungsdirektoren nun in der Plenarversammlung der Hochschulkonferenz, unter Leitung des zuständigen Bundesrats und Mitsprache weiterer Beteiligter. Die neue Form hat den Hochschulraum gestärkt. Das ist wichtig, um gegenüber Öffentlichkeit, Behörden, Politikern, Wirtschaft und Ausland geeint auftreten zu können.
Im Hochschulrat können ja neben den 10 Universitätskantonen nur vier weitere Einsitz nehmen. Wie gelingt die Einigung unter den kleineren Kantonen?
Mit dem Rotationsprinzip erhalten alle früher oder später ihre Chance. Dennoch: Der Ausgleich zwischen den grossen Leistungserbringern und den anderen Kantonen ist die grösste Herausforderung bei der Koordination des Hochschulraums. Die Universitätsstandorte tragen stets den Grossteil der Kosten. Für sie war es nicht einfach zu akzeptieren, dass nun auch andere vermehrt mitreden. Die kleineren Kantone dagegen sind darauf angewiesen, dass ihre Bevölkerung gleichberechtigt an den universitären Hochschulen studieren kann. Von den volkswirtschaftlichen und gesellschaftlichen Standortvorteilen spüren sie aber wenig.
Was haben die neuen Gremien in den letzten beiden Jahren bereits zustande gebracht?
Das einzige Thema von grosser Tragweite war bis jetzt der Entscheid, neue Studienplätze für angehende Ärzte zu schaffen. Das ist ein Meilenstein: Die Absicht, die kostenintensiven Bereiche zu koordinieren, wird jetzt umgesetzt. Es werden nicht einfach überall neue Fakultäten entstehen, sondern die neuen Anbieter arbeiten mit den bestehenden zusammen.
Kritiker sagen aber gerade, das Impulsprogramm könne das Problem des Hausärztemangels nicht lösen. Zum Beispiel mit den 100 naturwissenschaftlich ausgerichteten Studienplätzen an der ETH. Hätte man bei der Art der Ausbildungen nicht noch stärker koordinieren sollen?
Die neuen ETH-Absolventen werden wohl vor allem der Forschung zu Gute kommen. Damit sich junge Ärzte für Fachrichtungen entscheiden, in denen sie am meisten gebraucht werden, ist jetzt vor allem auch die Gesundheitspolitik gefragt. Der Bereich Bildung hat seinen Teil fürs Erste getan.
Wie erlebten Sie die Mitarbeit der anderen Beisitzenden? Zum Beispiel von Studierenden, Hochschul-Dozierenden, Arbeitgebern- und nehmern?
Die Erfahrungen, welche diese Player einbringen, sind wertvoll. Doch einige haben sich wohl noch nicht ganz in ihre Rolle eingelebt. Zum Beispiel wäre es wichtig, spezifische Anliegen rechtzeitig zu äussern, statt im Nachhinein eine kritische Stellungnahme zu verfassen. Das fand ich zum Beispiel im Fall des Impulsprogramms für Mediziner nicht optimal: Der Medizinstudierendenverband merkte unter anderem an, dass auch in die Ausstattung der Fakultäten investiert werden müsse – dies zwar zu Recht, aber etwas spät.
Und was haben Sie speziell an die Adresse von Travail.Suisse mitzuteilen?
Ich schätze das Engagement von Travail.Suisse. Die Organisation richtet ihren Blick auch auf die angrenzenden Bereiche wie etwa die Höhere Berufsbildung und die Höheren Fachschulen. Es ist sehr wichtig, diese mitzudenken. Weiter setzt sich Travail.Suisse für die Entwicklung der Fachhochschulen ein – ebenfalls ein berechtigtes Anliegen.
Welches sind aus Ihrer Sicht die drängenden Themen der EDK?
Besonders wichtig sind uns die Anliegen der Pädagogischen Hochschulen. Denn eine gut ausgebildete Lehrerschaft auf Grundschulstufe bildet die Basis für alle weiteren Bildungsbereiche. Dass die Pädagogischen Hochschulen ebenfalls Teil des Hochschulraums sind, ist eine Chance für sie. So kommen sie zum Beispiel in den Genuss von projektgebundenen Beiträgen und können sich entsprechend weiterentwickeln.
Was für Traktanden werden die Erziehungsdirektoren demnächst beschäftigen?
Als Nächstes werden sie die interkantonale Universitätsvereinbarung (IUV) erneuern. Sie regelt die Finanzierung unter den Kantonen und ermöglicht die Freizügigkeit für die Studierenden. Unter anderem stimmt die Kompensation des Brain Drains nicht mehr: Heute erhalten sechs Kantone eine Art Rabatt, weil viele ihrer Studierenden nicht mehr in den Heimatkanton zurückkehren. Diese Regelung ist überholt. Und auch der neue Finanzausgleich (NFA) hat die Situation verändert. Es ist anzunehmen, dass das Aushandeln einer neuen Vereinbarung lebhaft wird.
Was haben Sie jetzt vor, da Sie von diesem fordernden Amt zurückgetreten sind?
Ich werde mich weiterhin im Bildungsbereich engagieren. Zum Beispiel als Präsident der Schweizerischen Maturitätskommission und der Schweizer Schulen im Ausland. Für diese und andere Mandate habe ich bald mehr Zeit zur Verfügung – und bin auch unabhängiger.