Travail.Suisse sagt klar Ja zur Energiestrategie 2050, über die das Stimmvolk am 21. Mai 2017 befinden wird. Sie erlaubt der Schweiz, ihre Energieversorgung immer mehr auf erneuerbare Energieträger abzustützen, was für die Klimapolitik unabdingbar ist, aber auch einen grossen Vorteil für die Förderung der Innovation und von Arbeitsplätzen in der Schweiz darstellt. Eine Ablehnung würde ein Klima der Unsicherheit schaffen, was zu einer Senkung der Investitionen führen würde und schädlich für den Schweizer Arbeitsmarkt wäre.
Nach der Atomkatastrophe von Fukushima im Jahr 2011 haben Bundesrat und Parlament für die Schweiz den schrittweisen Ausstieg aus der Atomenergie beschlossen. Dies war die Geburtsstunde der Energiestrategie 2050. Sie zielt darauf ab, den Energieverbrauch zu senken, die Energieeffizienz zu steigern und erneuerbare Energien weiterzuentwickeln, während die Atomkraftwerke nach und nach vom Netz genommen werden. Die Energiestrategie legt klare Ziele für die Senkung des Verbrauchs (43 Prozent weniger Energieverbrauch pro Einwohner und 13 Prozent weniger Stromverbrauch bis 2035 im Vergleich zu 2000) sowie für die Entwicklung der Schweizer Stromproduktion aus grünen Energieträgern (mindestens 11 400 Gigawatt (GW) bis 2035 im Vergleich zu 3000 GW heute).
Um diese Ziele zu erreichen, wird die Unterstützung von erneuerbaren Energien gefördert über die Erhöhung der kostendeckenden Einspeisevergütung (KEV) von 1,5 Rappen im Moment auf 2,3 Rappen pro kWh. Dies bringt 1,3 Milliarden Franken jährlich ein (heute: 850 Millionen Franken). Die Mittel für energetische Gebäudesanierungen werden von 300 auf 450 Millionen Franken pro Jahr aufgestockt. Ausserdem werden die Energieeffizienznormen verschärft (Geräte, Autos usw.).
Völlig falsche Zahlen seitens der SVP
Am 21. Mai 2017 stimmen wir über das erste Massnahmenpaket der Energiestrategie 2050 ab, weil die SVP und einige andere Organisationen das Referendum dagegen ergriffen haben. Dieses Massnahmenpaket der Energiestrategie 2050 ergänzt eigentlich nur die Änderung des Energiegesetzes, die vom Parlament beschlossen und bereits Anfang 2014 in Kraft getreten ist. Doch die Gegner führen Argumente ins Feld, die das zweite Massnahmenpaket der Strategie betreffen. Dieses sieht vor, das Fördersystem des ersten Massnahmenpakets später durch ein Anreizsystem auf Basis einer Energiebesteuerung abzulösen. Doch über das zweite Massnahmenpaket wird am 21. Mai gar nicht abgestimmt. Ausserdem zeigen die Signale aus der Politik, dass dieses zweite Massnahmenpaket der Energiestrategie in der heutigen Form im Parlament keine Chance hat. Daher sind die Zahlen, die von der SVP verbreitet werden und die glaubhaft machen wollen, dass die Energiestrategie die Haushalte mehrere Tausend Franken pro Jahr kostet, leere Behauptungen. Und auch wenn dieses zweite Massnahmenpaket umgesetzt würde, wären diese Zahlen völlig aus der Luft gegriffen. Denn sie lassen die positiven Auswirkungen auf die Haushalte ausser Acht, wie die Ablösung der Importe fossiler Energien und den Anreizeffekt, der die Haushalte und die Wirtschaft dazu ermutigt, ihren Energieverbrauch zu senken.
Die Umsetzung des ersten Massnahmenpakets der Energiestrategie, das im Mai zur Abstimmung gelangt, wird gemäss Bundesamt für Energie (BFE) für eine Durchschnittsfamilie pro Jahr rund 40 Franken mehr kosten. Heute beträgt der Netzzuschlag 75 Franken pro Jahr. Dieser Betrag kann auch als kostengünstige Investition angesehen werden, da wir damit die Abhängigkeit der Schweiz von Erdöl- und Gasimporten (rund 13 Milliarden Franken pro Jahr!) verringern können und weil damit Arbeitsplätze und Mehrwert in der Schweiz geschaffen werden.
Im Gegensatz zu den Behauptungen der SVP gefährdet die Energiestrategie 2050 unsere Energieversorgung nicht. Ganz im Gegenteil. Denn indem die einheimischen erneuerbaren Energien gefördert werden, befreien wir uns von der Abhängigkeit von fossilen Energieträgern, die die Umwelt belasten und die ausserdem häufig aus politisch instabilen Ländern stammen. Schliesslich schlagen die Initianten des Referendums keine Alternative zur Energiestrategie 2050 vor. Abgesehen von einer unglaubwürdigen Alternative, die weiterhin auf die Atomenergie setzt, die das Volk nicht mehr will.
Völlig entzweite Wirtschaft
Die SVP hat es auch nicht geschafft, die Wirtschaftskreise hinter sich zu scharen. Das Einzige, was sie gemacht hat, ist Zwietracht in den Wirtschaftsverbänden zu säen. So befürwortet der Schweizerische Gewerbeverband SGV die Energiestrategie 2050, während economiesuisse wegen interner Uneinigkeiten auf eine Empfehlung verzichtet. Nur einige Branchenverbände wie die Maschinenindustrie sagen Nein. Das Nein der Maschinenindustrie ist übrigens überraschend, weil stromintensive Betriebe aus dieser Branche mit der Energiestrategie mit grossen Reduktionen oder gar mit Aufhebungen des KEV-Zuschlags rechnen können, sofern sie sich verpflichten, ihren Energieverbrauch zu senken. Für die anderen Unternehmen stellt der Strompreis – sie können sich auf dem freien Markt beliefern lassen – kein Wettbewerbshindernis dar.
Eine gute Strategie für die Innovation und die Beschäftigung
Aus wirtschaftlicher Sicht ist die Energiestrategie 2050 positiv, da sie die Innovation im Cleantech-Bereich stark fördert und den Erhalt und die Schaffung von Arbeitsplätzen verschiedener Qualifikationsstufen in allen Landesteilen begünstigt. Tatsächlich erfolgen die Einführung und die Instandhaltung der diversen Systeme der erneuerbaren Energien dezentralisiert, was Arbeitskräfte in der ganzen Schweiz erfordert. Bauunternehmen, Elektriker, Betreiber von Wasserkraftanlagen, aber auch Landwirte, Forstwirte, das Holzgewerbe oder Ingenieure profitieren von den neuen Möglichkeiten der Energiestrategie. 2014 hat das Programm zur energetischen Gebäudesanierung beispielsweise 700 Millionen Franken an Investitionen generiert und die Schaffung von 5000 Stellen ermöglicht.
Die Entwicklung von einheimischen erneuerbaren Energien begünstigt im Übrigen Investitionen in der Schweiz, was Arbeitsplätze in unserem Land schafft. Indem die Energiestrategie 2050 die Innovation in der Schweiz fördert, stärkt sie auch die Wettbewerbsfähigkeit der Schweizer Unternehmen. Die Innovationen im Energiesektor und die von Schweizer Unternehmen entwickelte Energieeffizienz könnten auch ins Ausland exportiert werden, was Arbeitsplätze in der Schweiz erhält und schafft. Es ist also nicht erstaunlich, dass sehr viele Schweizer Unternehmerinnen und Unternehmer sich der Allianz «Schweizer Wirtschaft für die Energiestrategie 2050 (www.es2050.ch) angeschlossen haben.
Die Energiestrategie 2050 trägt langfristig zum Wohlstand der Schweiz sowie zur Lebensqualität ihrer Einwohnerinnen und Einwohner bei. Bei einer Ablehnung an der Urne würden künftige Investitionen in beträchtlicher Höhe in die Energieeffizienz und die Entwicklung erneuerbarer Energien sowie in das Stromnetz stark gebremst, dies wegen der Unsicherheit, die in Bezug auf die künftige Energiepolitik entstünde. Dies würde selbstverständlich die Dynamik bei der Schaffung neuer Arbeitsplätze im Energiesektor beeinträchtigen und hätte negative Auswirkungen auf den Schweizer Arbeitsmarkt.