Mit dem Klimaübereinkommen von Paris hat sich die Schweiz verpflichtet, ihre Treibhausgasemissionen bis 2030 gegenüber 1990 in der Schweiz um 30% und insgesamt um 50% zu reduzieren. In ihrer Antwort auf die Vernehmlassung zur Klimapolitik nach 2020 verlangt Travail.Suisse einen höheren inländischen Reduktionsanteil, da dies der Wertschöpfung und der Beschäftigung in der Schweiz zugutekäme. Auch der Strassenverkehr muss stärker in die Pflicht genommen werden.
Das im Dezember 2015 von der internationalen Gemeinschaft verabschiedete Klimaübereinkommen von Paris hat zum Ziel, die durchschnittliche globale Erwärmung im Vergleich zur vorindustriellen Zeit auf deutlich unter 2°C und idealerweise sogar auf 1,5°C zu begrenzen. Die Schweiz hat sich verpflichtet, ihre Treibhausgasemissionen bis 2030 gegenüber 1990 zu halbieren. Der Bundesrat begnügt sich dabei jedoch mit einem inländischen Reduktionsziel von 30%. Dies bedeutet, dass 60 % der geplanten Reduktionen in der Schweiz und 40% im Ausland einzusparen sind.
Treibhausgasemissionen in der Schweiz stärker reduzieren
Travail.Suisse schlägt vor, das inländische Reduktionsziel von 30% auf 40% anzuheben, womit lediglich 20% (und nicht wie vorgesehen 40%) durch Projekte im Ausland zu realisieren wären. Zwar lassen sich die Emissionen in vielen Ländern günstiger senken als in der Schweiz, weil die Produktionsverfahren dort CO2-intensiver sind. Doch müssen wir tatsächlich bis zu einem Verhältnis von 60:40 gehen? Travail.Suisse lehnt dies aus folgenden Gründen ab: erstens weil eine stärkere Reduktion der Emissionen in der Schweiz Anreize bietet, die erneuerbaren Energien und die Energieeffizienz konsequenter voranzutreiben, was der Innovation Impulse verleiht. Die Schweizer Wirtschaft würde dadurch wettbewerbsfähiger und könnte im Inland mehr Arbeitsplätze schaffen. Ein deutlich höherer Anteil von Emissionssenkungen im Ausland bedeutet für die Schweiz weniger Innovation und weniger Gelegenheiten zum Aufbau neuer Kompetenzen – also letztlich weniger Möglichkeiten für die Unternehmen und den Arbeitsmarkt in der Schweiz.
Zwar gibt es in der grünen Industrie, etwa bei den erneuerbaren Energien, eine ausgeprägte internationale Arbeitsteilung, da zum Beispiel Solarpanels vorwiegend im Ausland und nicht in der Schweiz hergestellt werden. Trotzdem würde bei einer höheren inländischen Emissionsreduktion ein grösserer Teil der Wertschöpfung in der Schweiz erzielt (Forschung und Entwicklung, Montage der Panels, Beratung usw.), wodurch mehr im Allgemeinen anspruchsvolle Stellen in der Schweiz entstehen würden.
Zweitens wird die Schweiz langfristig (etwa um 2050) ihre Treibhausgasemissionen auf nahezu Null senken müssen. Diese Reduktion muss in der Schweiz erfolgen, da gemäss Klimaübereinkommen von Paris alle Länder verpflichtet sind, ihre Emissionen bis 2050 auf praktisch Null zu senken. Deshalb ist es sinnvoll, sofort damit zu beginnen. Je länger wir damit zuwarten, desto kostspieliger wird die Senkung, und das erforderliche Know-how wird stärker im Ausland entwickelt. Dann werden uns vor allem deutsche, skandinavische, amerikanische, japanische oder auch chinesische Firmen die Technologien verkaufen, die zum Erreichen unseres Ziels notwendig sind, und die Wertschöpfung wird im Ausland anfallen. Ausserdem kann die Schweiz jedes Jahr Milliarden von Franken sparen, wenn sie bei den erneuerbaren Energien und der Energieeffizienz rascher Fortschritte erzielt, da entsprechend weniger fossile Energieträger importiert werden müssen.
Drittens ist das Risiko grösser, dass Projekte zur Emissionsreduktion die Kriterien der Nachhaltigkeit nicht erfüllen, wenn sie im Ausland realisiert werden. Die bisherigen Erfahrungen zeigen, dass viele durchgeführte Projekte nicht oder nicht genügend nachhaltig sind und dass sie insbesondere das Kriterium der menschenwürdigen Arbeit nicht genügend berücksichtigen. Wir akzeptieren nicht, dass Menschen im Namen des Klimaschutzes unter schlechten Bedingungen arbeiten müssen! Wenn am Reduktionsziel von 40% im Ausland festgehalten wird, erfordert dies zudem aufwändigere und teurere Kontrollverfahren, damit Artikel 6 Absatz 2b des neuen CO2-Gesetzes gewährleistet ist. Dieser zu begrüssende Artikel sieht vor, dass die im Ausland realisierten Verminderungen in wenig entwickelten Ländern zur nachhaltigen Entwicklung vor Ort beitragen müssen und weder negative soziale noch negative ökologische Folgen haben dürfen.
Emissionen des privaten Motorfahrzeugverkehrs sind wesentlich stärker zu reduzieren
Es ist paradox: Der Sektor, in dem die Emissionen bereits am stärksten gesenkt wurden (Gebäude einschliesslich Haushalte und Dienstleistungen) soll weiterhin am meisten beitragen. Während die Treibhausgasreduktionen in diesem Sektor zwischen 2014 und 1990 um fast 30% zurückgingen, betrug die Reduktion in der Industrie lediglich 13%, und im Verkehr war sogar eine Zunahme um 9% zu verzeichnen! Trotzdem sieht das Projekt des Bundesrats vor, in erster Linie die Bemühungen im Gebäudesektor weiter voranzutreiben: die CO2-Abgabe für Brennstoffe wird bis auf 240 Franken pro Tonne angehoben, und falls dies nicht ausreicht, werden fossile Heizungen auch für ältere Gebäude verboten. Von den Unternehmen dagegen werden keine zusätzlichen Anstrengungen verlangt. Ganz im Gegenteil: Das geplante neue System sieht für Unternehmen eine Befreiung von der CO2-Abgabe vor, und die aktuelle Ausrichtung des Parlaments begünstigt immer neue Erleichterungen für Unternehmen. Deshalb besteht die Gefahr, dass die öffentliche Hand – also die Steuerzahlenden – entsprechend zur Kasse gebeten und dafür die Unternehmen stärker von der CO2-Abgabe entlastet werden.
Noch schlimmer sind die Aussichten im Verkehrssektor, da das Projekt keine zusätzlichen Massnahmen vorsieht und die Senkung der CO2-Emissionen für Fahrzeuge bereits in der Energiestrategie 2050 festgelegt ist. Deshalb ist es unabdingbar, im Entwurf auch Massnahmen für den motorisierten Individualverkehr vorzusehen. Es ist zumindest eine Treibstoffabgabe einzuführen, und die öffentliche Hand muss den Kauf von Elektroautos subventionieren und die dazugehörigen Infrastruktur fördern, damit diese Fahrzeuge den Marktdurchbruch schneller schaffen.