Am 24. Mai hat Travail.Suisse, der unabhängige Dachverband der Arbeitnehmenden, zusammen mit weiteren Organisationen die Initiative für 20 Tage Vaterschaftsurlaub lanciert. Die Unterschriftensammlung ist gut gestartet – nach knapp drei Monaten sind gut 25‘000 Unterschriften gesammelt. Jetzt braucht es Ausdauer: Die aktuelle Sammelwoche ist ein Zwischensprint, um schneller vorwärts zu kommen, denn ohne Engagement erreichen wir nichts, das hat uns die Geschichte gelernt. Wir mussten die AHV erkämpfen und jetzt müssen wir sie verteidigen. Mit dem Vaterschaftsurlaub wird es gleich gehen.
Mit einer breiten Koalition von Männer-, Väter-, Frauen-, Mütter-, Familien- und Arbeitnehmenden-Organisationen hat Travail.Suisse die Volksinitiative „Für einen vernünftigen Vaterschaftsurlaub – zum Nutzen der ganzen Familie“ lanciert. Schon allein dieses Bündnis ist ein Meilenstein: Über 140 Organisationen haben sich hinter das Ziel eines vierwöchigen Vaterschaftsurlaubs gestellt und eine klare Botschaft der Zivilgesellschaft ausgesendet: Liebes Parlament, wir wollen einen Vaterschaftsurlaub jetzt! Dabei gingen einigen die 20 Tage zu weit, andere fanden, dass ein mehrwöchiger Elternurlaub die richtige Forderung wäre. Unsere Initiative mit 20 Tagen ist nun vernünftig und ein erster pragmatischer Schritt. Der Vaterschaftsurlaub soll über die bestehende Erwerbsersatzversicherung finanziert werden – analog zur Mutterschaftsversicherung. Die Väter sollen den Urlaub tageweise und damit flexibler beziehen können, was den Familien und den Unternehmen gleichermassen entgegenkommt.
OECD-Durchschnitt: 8 Wochen…
In den ersten Wochen nach der Lancierung wurde unsere Initiative vielerorts diskutiert. Ich durfte bereits am ersten kontradiktorischen Podium teilnehmen (organisiert von FemWiss in Zürich). Dabei ist mir aufgefallen, dass von den Gegnern keine wirklich schlagenden Argumente gegen den Vaterschaftsurlaub vorgebracht werden. Der Staat solle sich nicht in die Familie einmischen, wird moniert. Das wird er mit dem Vaterschaftsurlaub auch nicht machen. Es wird keinen Zwang geben, den Vaterschaftsurlaub zu beziehen. Ein anderes Argument, das oft ins Feld geführt wird, lautet: „Das hatten wir auch nicht.“ Nur weil man selber keinen Vaterschaftsurlaub kannte, soll ihn die heutige Generation auch nicht bekommen?
Es braucht zwingend gute Rahmenbedingungen für die Familien. Dazu gehören die Kinderzulagen oder der Mutterschaftsurlaub. Zudem gewähren viele Unternehmen bereits heute einen Vaterschaftsurlaub von mehr als einem Tag und anerkennen damit dieses berechtigte Bedürfnis der Familien. Auch der Blick über die Grenzen zeigt: Die Schweiz ist in Europa das einzige Land ohne gesetzlich geregelten Vaterschaftsurlaub. Ein weiterer Vergleich: Die OECD-Länder gewähren im Durchschnitt acht Wochen Vaterschaftsurlaub. Mit vier Wochen wären wir also darunter und können auch aus diesem Blickwinkel von einer vernünftigen Lösung sprechen.
Rund 40 Prozent der Militärdiensttage
Ein weiterer Punkt, der immer wieder genannt wird, sind die Kosten. Halten wir fest: Steuergelder müssen mit unserer Initiative keine eingesetzt werden. Vier Wochen Vaterschaftsurlaub würden rund 385 Millionen Franken kosten und über Lohnprozente bezahlt. Seit dem 1. Januar 2016 zahlen wir nicht mehr 0.5, sondern 0.45 Prozent des Lohnes für die EO ein. Der Bundesrat hat den Beitragssatz gesenkt, weil die EO genügend Reserven für die Zukunft hat. Die 0.45 Lohnprozente werden von Arbeitgebern und Arbeitnehmenden gemeinsam getragen, beide zahlen aktuell 0.225 Lohnprozente. Der Satz von 0.45 gilt bis Ende 2020. Mit der Einführung eines Vaterschaftsurlaubs kann mit der Erhöhung wahrscheinlich ein paar Jahre gewartet werden (bei der Mutterschaftsversicherung reichten die Reserven rund sechs Jahre). Anschliessend müsste der EO-Satz um rund 0.12 Lohnprozente angehoben werden. Unter der Annahme, dass nicht alle Väter alle Vaterschaftsurlaubs-Tage beziehen werden, reichen wahrscheinlich 0.1 Lohnprozente, was für die Arbeitnehmenden 0.05 Prozent ausmacht. Ausgehend vom durchschnittlichen Lohn in der Schweiz macht das deutlich weniger als einen Franken pro Monat. Vergleicht man die Anzahl Diensttage der Armee (2015: 5‘792‘623) mit der erwartenden Anzahl abzurechnender EO-Tage wegen dem Vaterschaftsurlaub (2‘380‘000) ergibt sich das Verhältnis von rund 7 zu 3. Das heisst der Vaterschaftsurlaub würde rund 40 Prozent der aktuell für die Armee aufgewendeten Diensttage entsprechen. Dafür hätte jedes Kind in der Schweiz seinen Vater im ersten Lebensjahr 20 Arbeitstage zusätzlich in seiner Nähe.
Sammelwoche ist ein Zwischensprint
Die Argumente für den Vaterschaftsurlaub müssen jetzt unters Volk gebracht werden. In der Gesellschaft und in den Familien – und damit auch in den Familien der Parlamentsmitglieder – soll der Vaterschaftsurlaub zum Thema werden. Die ersten Erfahrungen bei der Unterschriftensammlung zeigen, dass das Anliegen den Nerv der Zeit trifft. Nicht selten unterschreiben Männer und Frauen die Initiative, ohne direkt dazu aufgefordert worden zu sein. Die ersten 25‘000 Unterschriften sind jetzt gesammelt, nun gilt es Ausdauer zu beweisen und weiterhin auf die Strasse zu gehen. Mit der gemeinsamen Sammelwoche wollen wir während diesem Marathon einen Zwischensprint hinlegen und so dem Sammelziel schneller näher kommen. In der ganzen Schweiz werden ab dem 22. August Standaktionen stattfinden und Unterschriften gesammelt für den Vaterschaftsurlaub – und damit für die jungen Männer von morgen.
Parallel AHV verteidigen!
Parallel zu unserem Einsatz für eine Verbesserung der Rahmenbedingungen für die Familien gilt es aktuell auch, uns für existenzsichernde Renten und gegen einen Abbau bei der Altersvorsorge einzusetzen. Travail.Suisse unterstützt die Volksinitiative „AHVplus“, welche die AHV-Renten um 10 Prozent erhöhen will und am 25. September zur Abstimmung kommt. Zudem wehren wir uns gegen die vom Nationalrat geplanten Verschlechterungen im Rahmen der Altersvorsorge 2020. Finden die Beschlüsse seiner vorberatenden Kommission im Plenum eine Mehrheit, ist das Referendum sicher.
Am 10. September an die Demo
Wichtig in dieser Situation ist und bleibt, dass die Arbeitnehmenden sich zu Wort melden und sich Gehör verschaffen. Aus diesem Grund ruft Travail.Suisse mit seinen Mitgliedsorganisationen die Arbeitnehmenden auf, an der grossen AHV-Demonstration am 10. September nachmittags in Bern teilzunehmen. Wir wollen ein Zeichen gegen den Abbau bei den Renten und für den Vaterschaftsurlaub setzen. Selbstverständlich werden auch an diesem Anlass Unterschriften gesammelt.