Der Bundesrat hat heute die Botschaft zur Umsetzung von Artikel 121a der Bundesverfassung vorgestellt. Aus Sicht von Travail.Suisse, dem unabhängigen Dachverband der Arbeitnehmenden, löst eine unilaterale Schutzklausel keine Probleme, sondern schiebt sie lediglich auf. Gleichzeitig sind die beschlossenen Massnahmen zum Schutz der Löhne und Arbeitsbedingungen viel zu bescheiden. Sie werden nicht ausreichen, um die Bevölkerung weiter vom bilateralen Weg mit der Europäischen Union zu überzeugen – der Bundesrat agiert in diesem Dossier sehr zaghaft und ohne Weitsicht.
Die Umsetzung von Art. 121a der Bundesverfassung bleibt ein ungelöstes Problem. Die im Raum stehende unilaterale Einführung einer Schutzklausel mit allfälligen Kontingenten erachten wir als nicht zielführenden Weg. Der latente Bruch eines internationalen Abkommens ist nicht nur des schweizerischen Rechtsstaates unwürdig, sondern gefährdet auch die wirtschaftliche und arbeitsmarktliche Entwicklung. „Der vom Bundesrat vorgeschlagene Weg löst das Problem nicht, sondern schiebt es lediglich auf und spielt den Ball dem Parlament zu“, sagt Adrian Wüthrich, Präsident von Travail.Suisse.
Im Bereich der flankierenden Massnahmen soll die Möglichkeit einer Verlängerung von Normalarbeitsverträgen geschaffen und die Einforderung einer Zustelladresse in der Schweiz für ausländische Unternehmen eingeführt werden, damit Entscheide aus der Anwendung des Entsendegesetzes auch tatsächlich zugestellt werden können. Beide Massnahmen waren überfällig und entsprechen einem gesetzlichen Nachvollzug einer zumindest teilweise bereits gelebten Realität in den Kantonen. Sie reichen aber nicht aus, um den Schutz der Löhne und Arbeitsbedingungen für die Arbeitnehmenden spürbar zu verbessern.
Arbeitgeber mit Blockadehaltung – Bundesrat zu zaghaft
Aus dem Bericht der Arbeitsgruppe Zürcher geht hervor, dass sich die Arbeitgeber gegen jegliche Anpassung der flankierenden Massnahmen gestellt haben. Mit dieser Blockadehaltung haben sie den Bundesrat vor keine leichte Ausgangslage gestellt. Dennoch ist es für Travail.Suisse unverständlich, dass der Bundesrat nicht mindestens die sistierten Massnahmen aus der Botschaft zur Optimierung der flankierenden Massnahmen wieder ins Spiel gebracht hat. So wäre zum Beispiel eine effektive Verbesserung möglich gewesen mit der Bestimmung, dass in Branchen mit einem GAV nicht nur der Lohn, sondern auch die Arbeits- und Ruhezeiten, die Ferien und die Spesenregelung erleichtert allgemeinverbindlich erklärt werden könnten. Auch der von einem Teil der Arbeitgeber vorgebrachte Vorschlag, für die normale Allgemeinverbindlicherklärung das nötige Quorum anzupassen, gehörte für Travail.Suisse zwingend in ein Gesamtpaket zur Umsetzung von Art. 121a. Adrian Wüthrich: „Die Arbeitgeber ziehen sich aus der Verantwortung und der Bundesrat agiert sehr zaghaft – beides zusammen ergibt ein hochriskantes Spiel mit ungewissem Ausgang“.
Es braucht eine verlässliche Politik
Für Travail.Suisse ist klar, dass nur eine Verhandlungslösung mit der EU eine verlässliche Politik darstellt. Ausserdem ist es für uns klar, dass der Schutz der Löhne und Arbeitsbedingungen sichergestellt, die Integration von Jugendlichen in den Arbeitsmarkt verbessert, die Arbeitsmarktpartizipation der Frauen über eine Vereinfachung der Vereinbarkeit von Beruf und Familie erhöht und der Verbleib von älteren Arbeitnehmenden im Arbeitsmarkt gesichert werden müssen. Nur so wird es gelingen, die Bevölkerung weiter vom bilateralen Weg mit der europäischen Union zu überzeugen.
Für mehr Informationen:
Adrian Wüthrich, Präsident, Mitglied der Arbeitsgruppe Zürcher, Tel. 079 287 04 93