Immer deutlicher zeigt sich, dass die Schweizerische Nationalbank SNB gar keine echte und langfristige Alternative hatte zum Ausstieg aus dem Mindestkurs. Trotz der gravierenden Auswirkungen dieser Entscheidung ist aber jetzt SNB-Bashing nicht zielführend. Denn wir sind weiterhin auf eine glaubwürdige Nationalbank angewiesen. Viel bedeutsamer ist die Frage, wie es auf dem Arbeitsmarkt und in der Politik weitergeht. Generelle Lohn- oder Steuersenkungen sind sicher keine Lösung. Die Anstellungspolitik der Unternehmen muss jedoch diskutiert werden.
Mit dem Entscheid, den Mindestkurs per sofort aufzuheben, hat die Schweizerische Nationalbank an den Finanzmärkten ein globales Erdbeben ausgelöst. Klar ist, dass der Entscheid auch die Wirtschaftsentwicklung in der Schweiz beeinträchtigen wird.
Keine echte Alternative vorhanden
Nach den Entscheidungen der Europäischen Zentralbank EZB ist deutlich geworden, dass die SNB gar keine echte Alternative zum Ausstieg aus dem Mindestkurs offen stand. Über 1‘100 Milliarden Euro will die EZB in den nächsten Monaten auf den Markt bringen. Dadurch wäre der Druck auf den Mindestkurs massiv gestiegen. Gemäss den neusten Angaben hätte die SNB in den nächsten Monaten 1‘000 oder sogar 2‘000 Milliarden Euro kaufen müssen. Theoretisch kann die SNB das zwar. Aber ob Verlustrisiken in der Grössenordnung von 200 bis 300 Milliarden Franken eine Alternative sind, die von Politik und Bevölkerung mitgetragen werden, ist mehr als fraglich.
SNB-Bashing kontraproduktiv
Nicht zielführend ist auf jeden Fall das SNB-Bashing, das nun von gewissen Seiten betrieben wird. Worauf das abzielt und was damit erreicht werden soll, ist nicht ersichtlich. Die Rückkehr zu einem Mindestkurs ist momentan ausgeschlossen. Selbstverständlich muss die SNB ihre Verantwortung wahrnehmen und klare Botschaften von Seiten der Wirtschaft sind dazu sicher auch wünschenswert. Aber das SNB-Bashing dürfte letztlich nur zu einer Schwächung der SNB führen und ist damit kontraproduktiv. Denn gerade in der nächsten Zeit werden die Schweiz und der Werkplatz Schweiz auch ohne Mindestkurs auf eine glaubwürdige und handlungsfähige Nationalbank angewiesen sein.
Auf Arbeitsmarkt fokussieren
Als Gewerkschaften und Arbeitnehmerorganisationen müssen wir uns darauf konzentrieren, die Arbeitnehmenden auf dem Arbeitsmarkt zu schützen. Hier wurden in kürzester Zeit ja bereits wildeste Ideen (generelle Lohnsenkungen oder Eurolöhne, Verzicht auf Arbeitszeiterfassung, Arbeitszeitverlängerungen etc.) in die Welt gesetzt. Zum Glück haben einige besonnene Unternehmer und Politiker diesen Spekulationen ein rasches Ende gesetzt.
Für Travail.Suisse und die angeschlossenen Verbände ist klar, dass weder Schnellschüsse noch generelle Lösungen in Frage kommen. In guter sozialpartnerschaftlicher Manier kann hingegen in Einzelfällen und bei Unternehmen mit ausgewiesenen Schwierigkeiten immer über angepasste Massnahmen verhandelt werden.
Im Gegenzug muss es aber immer auch darum gehen, Arbeitsplätze zu erhalten, und darauf hinzuwirken, dass bei Fluktuationen und Pensionierungen vermehrt Arbeitnehmende angestellt werden, die in der Schweiz wohnen. Denn auch die Anstellungspolitik der Unternehmen wird wesentlichen Einfluss auf die Entwicklung der Arbeitslosigkeit in der Schweiz haben. Die Anstellungspolitik der letzten Jahre, in denen ein starkes Wachstum der Anzahl Stellen in der Schweiz zu keinem Rückgang der Anzahl Erwerbslosen geführt hat, darf jetzt auf keinen Fall weitergeführt werden.
Ruhe bewahren – Schnellschüsse vermeiden
Im Moment ist noch überhaupt nicht klar, was in den nächsten Wochen und Monaten passiert. Je nach dem, wohin sich der Frankenkurs bewegt und ob z.B. die Negativzinsen der Nationalbank wirken, sind die Folgen für die Schweiz unterschiedlich.
In dieser Situation Entscheide zu fällen, dient der Sache nicht. Es macht sicher auch keinen Sinn, langfristig angelegte Projekte wie etwa die Energiestrategie 2050 aus kurzfristigen Überlegungen abzusagen oder sehr heikle Geschäfte wie die Unternehmenssteuerreform III jetzt schneller durch das Parlament zu drücken. Insofern war auch der runde Tisch von Bundesrat Schneider-Ammann eine grosse Enttäuschung, kamen doch von Seiten der Wirtschaft nur die alten Forderungen in einem neuen Mäntelchen daher. Auf diese Art und Weise wird weder die vom Wirtschaftsminister beschworene Einigkeit zu erreichen, noch die absehbare Abstimmung über die Weiterführung der bilateralen Verträge zu gewinnen sein.
Alle diese Schnellschüsse, die unverhohlen versuchen, den Moment der Unsicherheit zur Durchsetzung von Eigeninteressen zu nutzen, werden deshalb von Travail.Suisse klar abgelehnt. Stattdessen gilt es Ruhe zu bewahren und bei Bedarf jene Massnahmen zu beschliessen, die der Schweizer Bevölkerung kurz- und langfristig zu Gute kommen.