In seinem Artikel vom 8. Oktober (Tagesanzeiger und Bund) ortet Prof. Philipp Sarasin das Hauptproblem der Bildungspolitik in einer zu tiefen Maturitätsquote. Die vorgebrachten Argumente sprechen aber kaum für eine Erhöhung der gymnasialen Maturitätsquote. Der ganze Artikel bringt zudem eine an Verachtung grenzenden Geringschätzung der Berufsbildung, inklusive Fachhochschulen und höherer Berufsbildung zum Ausdruck. Dies darf nicht unwidersprochen bleiben.
Prof. Philipp Sarasin nennt als Gründe für die seines Erachtens zu tiefe Maturitäsquote eine zu frühe und falsche Selektion für das Gymnasium, eine einseitige Ausrichtung des Bildungssystems auf die Berufsbildung und die „Bildungsverachtung eines kleinen Herrenvolkes“, das glaubt, fehlende Arbeitskräfte jederzeit aus dem Ausland importieren zu können.
Das Problem des Artikels ist nicht, dass Prof. Sarasin einen Mangel an Hochschulabgängern ausmacht. Das ist für gewisse Studienrichtungen korrekt. Und auch die Forderung nach einer höheren Maturitätsquote ist an sich diskutabel. Ein Problem ist aber, dass der Autor mit falschen Zahlen operiert und Argumente vorbringt, die eine starke Geringschätzung der Berufsbildung zum Ausdruck bringen. Das darf nicht unwidersprochen bleiben.
Dass in der Schweiz ein Mangel an gut qualifzierten Arbeitskräften besteht, ist unbestritten. Das manifestiert sich in einem allgemeinen Mangel an ausgebildeteten Fachkräften auf verschiedenen Bildungsniveaus. Deshalb dürfen wir uns nicht allein auf die gymnasialen Maturitätsquote fokussieren. Die zentrale Frage ist, wie das gesamte Bildungssystem die wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Bedürfnisse der Schweiz möglichst gut befriedigen kann. Für Travail.Suisse, den unabhängigen Dachverband von 170’000 Arbeitnehmenden, sind dabei dieBeachtung der Demografie, die Förderung der Berufsmaturität, die Gleichstellung der höheren Berufsbildung sowie der bessere Zugang für Fachhochschulabsolventinnen und Absolventen an die Unis und ETHs zentral.