Die Vorschläge des Bundesrates und des Ständerates zur Revision der Arbeitslosenversicherung gehen in die völlig falsche Richtung. Travail.Suisse, die unabhängige Dachorganisation der Arbeitnehmenden, fordert die zuständige Kommission des Nationalrates auf, endlich für eine solide Finanzierung der Arbeitslosenversicherung zu sorgen. Nur so können die Schulden im nächsten Aufschwung abgebaut werden. Und so kann auch auf den geplanten Leistungsabbau verzichtet werden. Der flexible Schweizer Arbeitsmarkt bedingt als Gegenstück eine Arbeitslosenversicherung, die für alle Arbeitslosen einen angemessenen Erwerbsersatz und den Erhalt der Arbeitsmarktfähigkeit garantiert. Dazu gehört auch, dass Personen ohne Ausbildung eine Erstausbildung in der Arbeitslosenversicherung ermöglicht wird.
Heute und morgen berät die Kommission für Wirtschaft und Abgaben (WAK) des Nationalrates die 4. Revision des Arbeitslosenversicherungsgesetzes (AVIG). Die Vorschläge, die bis jetzt von Bundesrat und Ständerat vorliegen, gefährden die Stabilität der Arbeitslosenversicherung. Travail.Suisse erwartet vom Nationalrat, dass er diese Entwicklung korrigiert und für eine solide Finanzierung der Arbeitslosenversicherung und damit für solide Leistungen sorgt.
Kein Kahlschlag auf der Leistungsseite
Der geplante Leistungsabbau stellt das Gleichgewicht zwischen Flexibilität und Sicherheit massiv in Frage. Travail.Suisse wehrt sich insbesondere gegen die Kürzung der Anzahl Taggelder. Auch die Erhöhung der Wartezeiten, die Streichung von Kompensationszahlungen beim Zwischenverdienst und die vom Ständerat beschlossene Zumutbarkeit jeder Arbeit für Personen bis zum 30. Altersjahr sind für den unabhängigen Dachverband der Arbeitnehmenden nicht akzeptabel. Die Entwicklung muss vielmehr in eine andere Richtung gehen: Arbeitslosen sollte viel besser als heute ermöglicht werden, eine fehlende Erstausbildung während der Arbeitslosigkeit nachzuholen. Dies um langfristig weniger auf die Leistungen der Sozialversicherungen angewiesen zu sein. Auch diesbezüglich hat Travail.Suisse der WAK Vorschläge unterbreitet.
Finanzierung ungenügend
Die Finanzierungsvorschläge sehen für den Schuldenabbau lediglich 0.1 Lohnprozente sowie das Solidaritätsprozent auf Löhnen ab 126’000 Franken vor. Damit können jährlich lediglich 500 Millionen Franken Schulden abgebaut werden. Bei Inkrafttreten 2012 wird die Arbeitslosenversicherung auf Grund der drastisch steigenden Arbeitslosenzahlen jedoch bereits deutlich über 10 Milliarden Franken Schulden haben. Die Sanierung der Arbeitslosenversicherung würde so mehr als 20 Jahre dauern. Das ist verantwortungslos und unseriös.
Schulden im nächsten Aufschwung abbauen
Die Finanzierung muss so konzipiert werden, dass die Schulden im nächsten Aufschwung innert nützlicher Frist (5 Jahre) wieder abgetragen werden können. Travail.Suisse fordert deshalb für den Schuldenabbau eine befristete Beitragserhöhung um 0.65 Prozent plus zwei Solidaritätsprozente. Um die Rechnung ausgeglichen zu gestalten ist zudem eine ordentliche Beitragserhöhung um mindestens 0.35 Prozent (anstatt 0.2 Prozent) vonnöten. Ein Blick in die Vergangenheit zeigt, dass diese Forderungen keineswegs realitätsfremd sind. Die gleichen Beitragssätze galten bereits von 1999 bis 2003. Mit entschlossenem Handeln konnten damals knapp 9 Milliarden Franken Schulden innerhalb von 4 Jahren abgebaut werden.