Am 9. Februar kommt die Initiative der SVP gegen die Masseneinwanderung zur Abstimmung. Für Travail.Suisse, den unabhängigen Dachverband der Arbeitnehmenden, ist diese Initiative eine komplette Fehlkonstruktion. Anstatt die unleugbaren Probleme bei den Verkehrsinfrastrukturen, dem Wohnungsbau oder auf dem Arbeitsmarkt anzugehen, fördert die Initiative die Zuwanderung, erhöht das Risiko des Lohndumpings und negiert den Beitrag der ausländischen Arbeitskräfte zu unserer hohen Lebensqualität.
Die wichtigsten Argumente von Travail.Suisse für ein Nein zur SVP-Initiative lauten wie folgt:
- Die Initiative ist nichts als Augenwischerei: Die SVP gibt vor, mit der Initiative die Zuwanderung zu begrenzen. Zu diesem Zweck sollen wie früher Kontingente eingeführt werden. Ein Blick in die Vergangenheit zeigt aber, dass die Einwanderung mit Kontingenten gleich gross oder sogar grösser war als mit der Personenfreizügigkeit. Die Höhe der Zuwanderung hängt direkt davon ab, wie gut es der Wirtschaft in der Schweiz läuft. Das wird auch mit der Initiative so bleiben, denn diese fordert explizit die Berücksichtigung der Interessen der Wirtschaft bei der Festlegung der Kontingente. Ein Rückgang der Zuwanderung war bisher nur bei Rezessionen und hoher Arbeitslosigkeit feststellbar. Das ist aber sicher keine wünschbare Entwicklung.
- Die Initiative fördert Einwanderung und Lohndumping: Mit der Initiative wird ein Schweizer-Vorrang eingeführt. Ein Unternehmen soll nur eine Bewilligung für die Anstellung eines ausländischen Arbeitnehmenden erhalten, wenn kein Schweizer angestellt werden kann. Damit werden die bereits hier wohnenden Ausländer gleich gestellt wie Zuwanderer. Das ist Blödsinn und gefährlich. Wenn es nämlich für Unternehmen gleich aufwendig ist, billige Arbeitskräfte aus Deutschland, Frankreich, Polen oder Ungarn etc. anzustellen wie einen Ausländer aus der Schweiz, dann wird das Unternehmen sicher die billigere Arbeitskraft aus dem Ausland vorziehen. Dadurch werden Einwanderung, Grenzgänger und Lohndumping gefördert anstatt verhindert.
- Die Initiative führt zurück zu recht- und schutzlosen „Gastarbeitern“: Mit der Initiative werden die Rechte und Chancen der Ausländerinnen und Ausländer in der Schweiz massiv eingeschränkt. So soll beispielsweise der Familiennachzug eingeschränkt und die Aufenthaltsbewilligung direkt mit der Erwerbstätigkeit verbunden werden. Wer arbeitslos wird, muss gehen. Dieser Umgang mit ausländischen Arbeitskräften ist nicht nur unwürdig, die grosse Unsicherheit ist auch nicht förderlich für eine erfolgreiche Integration. Rechtlose und schutzlose Arbeitnehmende, denen jederzeit ein Bewilligungsentzug und damit der Verlust ihrer ganzen Existenzgrundlage drohen, sind zudem der Traum für alle ausbeuterischen Arbeitgeber. Sie werden sich nie wehren gegen ungerechte Behandlungen und damit steigt das Risiko für Lohndumping noch mehr.
- Die Initiative hebelt den Lohnschutz aus: Dank der Arbeit der Gewerkschaften wurden zusammen mit der Personenfreizügigkeit auch Massnahmen zum Schutz der Löhne in der Schweiz eingeführt. Heute werden in der Schweiz jedes Jahr zehntausende von Lohnkontrollen durchgeführt. Dadurch werden natürlich Missbräuche bekannt. Die hat es aber auch früher gegeben, sie waren einfach unsichtbar. Heute sind die Arbeitgeber verpflichtet, ihre Lohnbücher zu öffnen und zu beweisen, dass sie korrekte Löhne bezahlen. Das ist ein riesiger Fortschritt. Der Arbeitsmarkt in der Schweiz war noch nie so gut kontrolliert wie heute. Das alles würde mit der Initiative wegfallen, und die Arbeitnehmenden in der Schweiz wären dem steigenden Lohndruck – siehe oben – schutzlos ausgeliefert.
- Die Initiative verachtet die Arbeit der ausländischen Arbeitskräfte in der Schweiz: Der Schweizer-Vorrang, die Einschränkung des Familiennachzugs, die Aberkennung der Ansprüche auf Sozialleistungen und der Bewilligungsentzug beim Verlust der Arbeit, das alles bringt eine totale Verachtung der Arbeit der Ausländerinnen und Ausländer zum Ausdruck. Dabei sind wir für unsere Lebensqualität auf diese Arbeit angewiesen. Allein das Gesundheitswesen, aber auch andere Branchen, würden komplett zusammenbrechen ohne ausländische Arbeitskräfte. Deren Leistung verdient unsere Wertschätzung und die Menschen, die dahinter stehen, verdienen eine anständige und gleichwertige Behandlung.
- Die Initiative bedroht geregelte Beziehungen zu unseren Nachbarn: Wir leben in der Schweiz nicht auf einer Insel. Wir haben Nachbarn und sind Teil eines grösseren Ganzen. Die Schweiz hat es vorgezogen, nicht Teil der EU oder des EWR zu werden. Dafür haben wir unsere nachbarschaftlichen Beziehungen mit den bilateralen Verträgen geregelt. Diese Verträge sind die Grundlage für fast zwei Drittel unseres Exports, jeder dritte Arbeitsplatz in der Schweiz hängt mit unserem Handel mit Ländern der Europäischen Union zusammen. Diese Beziehungen sind zu pflegen und nicht mit wirkungslosen und gefährlichen Initiativen zu gefährden.
Innenpolitische Hausaufgaben machen
Viel wichtiger als eine nutzlose und sogar schädliche Initiative gegen die Einwanderung ist für Travail.Suisse, dass die innenpolitischen Massnahmen angepackt werden. Also Massnahmen, welche die konkreten Herausforderungen bei der Infrastruktur, im Wohnungsbau und – für uns als Arbeitnehmerorganisationen von zentraler Bedeutung – bei der Stärkung der Sozialpartnerschaft und der flankierenden Massnahmen gegen Lohndumping angehen. Travail.Suisse sagt deshalb ganz klar Nein zur SVP-Abschottungsinitiative.