Der wichtigste Standortvorteil der Schweizer Wirtschaft sind gesunde und motivierte Arbeitnehmende. Nur dank motivierten Arbeitnehmenden sind Schweizer Firmen erfolgreich, nur dank leistungsfähigen Arbeitnehmenden kann die Wirtschaft in der Schweiz Arbeitsplätze schaffen. Die Frage der Arbeitsplätze in der Schweiz ist nicht eine Frage der Löhne und Ferien, sondern eine Frage von Einstellung und Qualität. Damit die Schweizer Wirtschaft floriert, müssen die Menschen gepflegt und gefördert werden, die den Wohlstand erarbeiten.
Heute betreiben wir Raubbau an den Arbeitnehmenden und es ist dringend nötig, mit mehr Ferien für mehr Erholung Gegensteuer zu geben. Der hohe Wettbewerbsdruck, die fortschreitende Globalisierung und die rasante technische Entwicklung haben die Wirtschaft schnell und hart gemacht. Der Druck auf die Arbeitnehmenden steigt. So zeigt die Stressstudie des Seco aus dem Jahr 2011, dass ein Drittel der Arbeitnehmenden andauernd unter Stress steht. Sogar 80 Prozent arbeiten ständig unter hohen Termindruck, dieser Anteil ist allein in den letzten 10 Jahren um 10 Prozent gestiegen. Dabei gibt es keine Unterschiede nach Wirtschaftszweig, Berufsgruppe oder Einkommen. Alle sind vom Stress gleich betroffen.
Eine persönliche Katastrophe
Die Arbeit macht immer mehr Menschen krank. Schlafprobleme, chronische Schmerzen, Herz-Kreislauf-Probleme nehmen zu. Allein diese Gesundheitskosten schätzt das Seco auf 10 Milliarden Franken pro Jahr. Gleichzeitig können immer weniger Menschen bis zur ordentlichen Pensionierung arbeiten. Mit 63 Jahren ist in der Schweiz noch gerade die Hälfte der Menschen erwerbstätig. Ungefähr 20 Prozent der Männer beziehen kurz vor der Pensionierung eine IV-Rente und 40 Prozent der unfreiwilligen vorzeitigen Pensionierungen erfolgen aus gesundheitlichen Gründen.
Jede Arbeitsunfähigkeit aus gesundheitlichen Gründen ist für den Betroffenen eine persönliche Katastrophe. Darüber hinaus können wir uns diesen „Verschleiss“ an Arbeitskräften auch wirtschaftlich und gesellschaftlich nicht leisten. Allein die demografische Entwicklung führt bis ins Jahr 2030 zu einem Arbeitskräftemangel von ca. 400’000 Arbeitskräften. In den nächsten Jahrzehnten wächst nur noch die Gruppe der über 55-jährigen Arbeitnehmenden. Damit diese kommende Generation von älteren Arbeitnehmenden nicht aus dem Arbeitsmarkt heraus fällt, müssen wir zu ihrer Gesundheit bereits heute Sorge tragen.
Nun sind hohe Belastungen nicht an sich schlecht. Für die Gesundheit wichtig ist die Vermeidung von Dauerbelastungen. Aus der Arbeitsmedizin wissen wir, dass nur regelmässige Unterbrüche von zwei bis drei Wochen eine vollständige Erholung ermöglichen. Bei vier Wochen Ferienanspruch ist das eine Illusion. Die Erhöhung des Ferienanspruchs auf sechs Wochen ist also notwendig, um die heutigen hohen Belastungen in der Arbeitswelt auszugleichen und die Gesundheit der Arbeitnehmenden zu schützen.
Mehrkosten werden wettgemacht
Die Gegner der Initiative beklagen, dass mehr Ferien zu teuer sind und zu einem Arbeitsplatzabbau führen würden. Das ist pure Angstmacherei. Es ist zwar richtig, dass eine Woche mehr Ferien die Lohnkosten erhöht. Gleichzeitig sind erholte Menschen aber auch motivierter und leistungsfähiger. Zudem sieht die Initiative eine Übergangsfrist bis ins Jahr 2018 vor. Die Mehrkosten verteilen sich also auf sechs Jahre und betragen nur noch 0,3 Prozent der Lohnsumme pro Jahr. Dieser Ansteig liegt tiefer als viele Lohnrunden und wird von der steigenden Produktivität der Arbeitnehmenden längst wettgemacht. Von einem Arbeitsplatzabbau kann deshalb keine Rede sein.
Die Erhöhung des Ferienanspruchs ist also kein Kostenfaktor, sondern eine notwendige und sinnvolle Investition in die Arbeitnehmenden und in den zukünftigen Wohlstand der Schweiz.