Hektik und Stress in der Arbeitswelt haben in den letzten 20 Jahren massiv zugenommen. Die Grenzen der Belastung sind erreicht oder überschritten. Viele Arbeitnehmende macht die Arbeit krank. Zudem belastet die Arbeit auch das Familienleben immer stärker. Damit sind angesichts der demografischen Entwicklung zentrale Faktoren einer zukunftsfähigen Schweiz betroffen. Mehr Ferien ermöglichen eine vollständige Erholung. So bleiben wir eher gesund. Mehr Ferien verbessern die Vereinbarkeit von Arbeit und Familie und entsprechen einem starken Bedürfnis der Bevölkerung. Die Initiative ist heute der einzige Weg zu einer gesünderen Arbeitswelt.
Ein Erwerbsleben dauert in der Schweiz vom Einstieg bis zur Pensionierung 40 bis 50 Jahre. Wer einen Marathon überstehen und gesund ins Ziel kommen will, der muss haushälterisch umgehen mit seinen Kräften. Genau darum geht es bei der Initiative „6 Wochen Ferien für alle“: um den haushälterischen, sprich ökonomischen Einsatz der Kräfte. Und zwar der Arbeitskräfte, also der Menschen aus Fleisch und Blut. Der gesunde und faire Umgang mit den Menschen in unserer Arbeitswelt ist das zentrale Thema der Initiative „6 Wochen Ferien für alle“.
Grenzen der Belastbarkeit sind überschritten
Heute ist der Umgang der Wirtschaft mit den Arbeitnehmenden weder ökonomisch noch gesund:
- Hohe Arbeitsbelastung macht krank und kostet 10 Mia. Franken pro Jahr: Eine Umfrage des Schweizer Fernsehens hat Anfang Jahr gezeigt, dass der grösste Teil der Arbeitnehmenden in der Schweiz zufrieden sind mit ihrer Arbeit. Das ist wunderbar. Die gleiche Umfrage hat aber auch gezeigt, dass ein Drittel der Arbeitnehmenden am Arbeitsplatz unter zu hohem Druck leidet. Dieses Ergebnis stimmt präzise überein mit der Stressstudie des Staatssekretariats für Wirtschaft (Seco). Dort steht auch, dass sogar 80 Prozent der Erwerbstätigen durchgehend unter Termindruck arbeiten. Dieser Anteil ist allein in den letzten zehn Jahren um zehn Prozent gestiegen. Diese Belastung hat gesundheitliche und finanzielle Folgen. Verschleisserscheinungen wie Schlafprobleme, chronische Schmerzen, Herz-Kreislauf-Probleme nehmen zu. Die Kosten der hohen Arbeitsbelastung beziffert das Seco auf zehn Milliarden Franken pro Jahr. Die Suva bezeichnet in ihrer Zukunftsstudie den Stress sogar als grösstes Arbeitsplatzrisiko der Zukunft.
- Hohe Arbeitsbelastung verdrängt Familienleben und soziales Engagement: Bei vielen Arbeitnehmenden wird das ganze Leben von der Arbeit dominiert. Flexible Arbeitszeiten und Überstunden greifen immer tiefer in das Privatleben hinein. Wegen der fehlenden Abgrenzung von der Arbeit wurde das Jahr 2012 bereits als „Jahr des Burnouts“ bezeichnet. Klar ist, dass es immer schwieriger wird, Arbeitsleben und Familienleben unter einen Hut zu bringen. Die Belastung am Arbeitsplatz wird in die Familie getragen, mit allen negativen Folgen für die Partnerschaft und die Kinder. Zudem fehlt die Zeit, um neben der Arbeit auch soziale Engagements wahrzunehmen, z.B. als Eltern, im Dorf oder im Quartierleben, in einem Sportverein etc. Diese Aktivitäten sind aber gesellschaftlich mindestens so wichtig wie die Wirtschaft.
- Hohe Arbeitsbelastung verkürzt das Arbeitsleben: Wegen der steigenden Belastung am Arbeitsplatz können bereits heute immer weniger Menschen bis zur Pensionierung arbeiten. Mit 63 Jahren ist nur noch die Hälfte der Menschen erwerbstätig. Ungefähr 20 Prozent der Männer vor der Pensionierung beziehen eine IV-Rente. Rund 40 Prozent der vorzeitigen Pensionierungen erfolgen aus gesundheitlichen Gründen. Diesen „Verschleiss“ von Arbeitskräften können wir uns nicht mehr leisten. In den nächsten Jahren wächst aus demografischen Gründen nur noch die Zahl der älteren Arbeitnehmenden. Wir müssen also Sorge tragen zu den Arbeitskräften, und zwar jetzt, nicht erst dann, wenn es zu spät ist.
Mehr Ferien: Ein wichtiger Schritt zu einer gesünderen Arbeitswelt
Mit der Initiative „6 Wochen Ferien für alle“ werden diese Probleme nicht alle auf einen Schlag gelöst. Mehr Ferien tragen aber zu einer besseren Balance zwischen Belastung und Erholung, zwischen Arbeit und Freizeit bei.
- Mehr Ferien sind positiv für Gesundheit und langfristige Leistungsfähigkeit: Die Arbeitsmedizin hat schon lange nachgewiesen, dass nur längere Arbeitsunterbrüche von zwei bis drei Wochen eine vollständige Erholung ermöglichen. Mit dem heutigen gesetzlichen Ferienanspruch von vier Wochen ist das eine Illusion. Eine regelmässige, vollständige Erholung verhindert langjährige Überbelastungen und chronische Krankheiten, die gerade bei älteren Arbeitnehmenden oft zu Arbeitsunfähigkeit führen. Wer Gesundheit und Leistungsfähigkeit im Alter verbessern will, wer will, dass die Menschen im Marathon ans Ziel kommen, der muss auf dem ganzen Weg die nötigen Pausen bereit stellen.
- Mehr Ferien verbessern Vereinbarkeit mit Familienleben und sozialem Engagement: Eltern brauchen viel Zeit für ihre wichtige Aufgabe. Schulkinder haben 13 Wochen Ferien. Dazu kommen Arzt- und andere Termine der Kinder, für die die Eltern freie Zeit einsetzen müssen. Mehr Ferien bringen eine Verbesserung der Vereinbarkeit von Arbeit und Familie und reduzieren damit auch den Stress in der Partnerschaft. Darüber hinaus ermöglicht mehr freie Zeit mehr freiwilliges Engagement, zum Beispiel in der Schule, im Quartier, im Verein etc. Wie der Glücksforscher und Ökonomieprofessor Bruno S. Frey gezeigt hat, ist genug Zeit für Familie, Freunde und Freiwilligenarbeit zentral für das Glück der Menschen. Mehr Ferien heisst deshalb auch mehr Glück.
- Mehr Ferien sind zeitgemäss und bedürfnisgerecht: Die Belastung bei der Arbeit ist in den letzten 25 Jahren nicht nur gestiegen, sie hat sich auch verändert. Heute und in Zukunft stehen vor allem die gestiegenen psychischen Anforderungen im Vordergrund. Zeitdruck, Hektik und hohe Flexibilität sind die Herausforderungen. Egal ob im Büro, auf dem Bau oder in der Industrie. Tägliche oder wöchentliche Arbeitszeitreduktionen sind in dieser neuen Arbeitswelt kaum noch zielführend. Das gilt sowohl für die Erholung der Arbeitnehmenden als auch für die Unternehmen, die sich Flexibilität wünschen.
Gemäss einer repräsentativen Umfrage von Travail.Suisse ist der Bevölkerung der Zusammenhang zwischen Ferien und Gesundheit klar und der Wunsch nach mehr Ferien gross: Über 80 Prozent der Erwerbstätigen sind der Meinung, dass mehr Ferien zu ihrer Gesundheit beitragen, und fast 90 Prozent der Erwerbstätigen halten mehr als vier Wochen Ferien für angemessen.
Mehr Ferien sind eine wirksame, eine gezielte und eine moderne Antwort auf die hohen Belastungen in der Arbeitswelt von heute und morgen. Nachdem das Parlament alle anderen Vorschläge für mehr Erholung und Ausgleich für die Arbeitnehmenden abgelehnt hat, ist die Initiative „6 Wochen Ferien für alle“ der einzige Weg zu einer gesünderen Arbeitswelt mit leistungsfähigeren und glücklicheren Menschen.