Am 24. Mai hat Travail.Suisse in Zusammenarbeit mit Alliance F, männer.ch und Pro Familia Schweiz die Initiative „Für einen vernünftigen Vaterschaftsurlaub – zum Nutzen der ganzen Familie“ lanciert. Nach knapp zwei Wochen darf gesagt werden, dass der Start geglückt ist: 20‘000 Unterschriften konnten bereits online gesammelt werden und auch die traditionellen Sammelaktionen sind gut angelaufen.
Die Vaterschaftsurlaubs-Initiative ist sehr gut gestartet. Die Berichterstattung in den Medien und die Aufmerksamkeit in den sozialen Medien waren sehr gut und umfangreich. Es wurde zur Kenntnis genommen, dass sich eine breite, zivilgesellschaftliche Allianz hinter die Initiative für 20 Tage flexiblen Vaterschaftsurlaub stellt (insgesamt tragen über 140 Organisationen und Verbände die Initiative mit). Das Anliegen wird ernst genommen und weit über den Vaterschaftsurlaub hinaus wird über die Vereinbarkeit von Beruf und Familie gesprochen. An diese Aussagen – auch von Arbeitgeberseite – knüpfen wir an und kämpfen für Verbesserungen. Im Rahmen der Fachkräfteinitiative des Bundes, die bei der Umsetzung der Masseneinwanderungsinitiative immer wichtiger wird, ist einer von vier Schwerpunkten die Verbesserung der Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Hier müssen politische Massnahmen her, die den Familien bzw. den Eltern in der Schweiz etwas bringen.
Unterschriften sammeln sich nicht von alleine
Selten erlebe ich, dass Leute freiwillig an die Unterschriftenstände zum Unterschreiben kommen. Bei der Vaterschaftsurlaubs-Initiative ist das der Fall, wie ich in Bern selber erlebt habe. Auch aus meinem privaten Umfeld werde ich nach Unterschriftenbögen gefragt. Viele Anfragen erreichen auch die Geschäftsstelle von Travail.Suisse und zeigen uns, dass die Zivilgesellschaft den Vaterschaftsurlaub will. Einen Schweizer Rekord haben wir bei den Einträgen in unserem Online-Unterschriftentool geschafft: Innert 10 Tagen haben 20‘000 Leute einen Unterschriftenbogen online ausgefüllt. Wir hoffen, dass jetzt alle diesen ausdrucken, fertig ausfüllen und in den nächsten Briefkasten werfen. An dieser Stelle danke ich allen, welche Emails an die Bekannten verschickt, auf Facebook und Twitter Beiträge gepostet oder bereits Unterschriften auf der Strasse gesammelt haben. Auf Anfrage liefern wir selbstverständlich alle gewünschten Materialien zum Sammeln. Eines ist klar: Obwohl es leicht fällt und die Leute schnell unterschreiben, gesammelt müssen die über 100‘000 gültigen Unterschriften zuerst sein. Einzig mit dem Online-Tool und mit Versänden an die eigenen Mitglieder erreichen wir nicht genügend Unterschriften. Ich danke bereits jetzt allen für den Einsatz zu Gunsten unserer Initiative.
Breite Allianz hinter einem Anliegen
Entscheidend ist die breite Allianz für ein konkretes Anliegen. Mit der Initiative für 20 Tage flexibel beziehbaren Vaterschaftsurlaub konnten wir Befürwortende eines Vaterschaftsurlaubes von 10 Tagen und Befürwortende einer mehrwöchigen Elternzeit hinter einem Anliegen vereinen. Unsere Initiative soll ein erster, vernünftiger Schritt sein, den wir aber jetzt wollen. Der Initiativtext ist klar und deutlich. Wir wollen einen Vaterschaftsurlaub von 20 Tagen, die bezahlt und flexibel bezogen werden können. Er soll Vätern ermöglichen, mehr Zeit mit ihren Kindern zu verbringen und soll so den Start ins Familienleben verbessern. Die Bereitschaft bei den Männern ist mehr als vorhanden, aber die Möglichkeiten sind begrenzt: Im Moment steht einem Vater in der Schweiz gesetzlich nicht einmal zwingend ein freier und bezahlter Tag zu, den er in die Geburt, die Betreuung seines Neugeborenen oder eventueller Geschwister und in die Unterstützung der Mutter investieren kann. Der Arbeitnehmer kann sich zwar auf das Obligationenrecht berufen, wonach ihm ein freier Tag gemäss Art. 329, Abs. 3, zusteht. Doch ein Tag – womöglich noch unbezahlt – ist definitiv zu wenig, um eine Beziehung zum Kind aufzubauen.
Vaterschaftsurlaub: Für die ganze Familie
Die Zeit nach Geburt ist für die ganze Familie intensiv. Dabei soll der Vater nicht eine zweitrangige Rolle einnehmen, nur weil er in dieser Phase nicht präsent sein kann. Väterliche Kompetenzen zu erlernen und eine innige Beziehung zum Kind herzustellen ist ein Unterfangen, das vor allem eines braucht: Zeit. Ausserdem wollen Männer Väter sein dürfen: Gemäss einer Studie von Pro Familia Schweiz von 2011 wollen rund 90 Prozent der Schweizer Männer mehr Zeit mit ihren Kindern verbringen.
Doch längst nicht nur die Väter profitieren vom Vaterschaftsurlaub: Die Mütter würden in der ersten Phase nach der Geburt von ihren Partnern unterstützt. Anstatt sich alleine um das Neugeborene und allenfalls seine Geschwister zu kümmern und sich gleichzeitig von den medizinischen Folgen der Geburt zu erholen, könnten sie auf die Unterstützung ihres Partners zählen. Zudem trägt ein frühes Engagement des Vaters dazu bei, dass die Mutter früher in die Erwerbsarbeit zurückkehren kann und ihre beruflichen Pläne nicht hintenanstellen oder gar aufgeben müssen. Aus diesem Grund ist die Initiative auch ein Beitrag zur Fachkräfteinitiative – all jenen, deren Erwerbstätigkeit an nicht vorhandenen Strukturen scheitern, wird der Weg geebnet.
Wichtiger Schritt zur besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf
Die Forderung nach einem vernünftigen Vaterschaftsurlaub ist mehr als nötig und nachvollziehbar. Gemäss Initiativtext wäre er gleich dem Mutterschaftsurlaub ausgestaltet, mit dem einzigen Unterschied, dass die Tage flexibel und nach den individuellen Bedürfnissen der Familie innerhalb eines Jahres nach der Geburt des Kindes bezogen werden können. Auf diese Weise haben Arbeitgeber und –nehmende die Möglichkeit, z.B. neue Teilzeitmodelle temporär auszuprobieren. Und wer weiss, vielleicht entstehen dadurch auch für Väter neue Möglichkeiten, interessante Teilzeitstellen zu bekommen.
20 Tage Vaterschaftsurlaub zum Preis von einer Tasse Kaffee im Monat
Auch die Finanzierung funktioniert nach Vorbild des Mutterschaftsurlaubs über die Erwerbsersatzordnung (EO). Dabei gilt eine Lohnersatzquote von 80 Prozent mit einem maximalen Taggeld von 196 Franken. Die Gesamtkosten eines Vaterschaftsurlaubs schätzt der Bundesrat laut einem Bericht von 2013 auf rund 380 Millionen Franken, wobei Arbeitnehmende und Arbeitgeber solidarisch für jeweils 0.06 Lohnprozente aufkommen. Die EO-Beitragssätze werden jedoch kaum angepasst werden müssen, da die Anzahl Militärdiensttage (ebenfalls über die EO geregelt) laufend sinkt. Anders ausgedrückt: Bei einem Durchschnittslohn von 6000 Fr. bezahlen beide je 3.60 Fr. pro Monat – der Preis einer Tasse Kaffee.