Obwohl sich die wirtschaftliche Lage in der Schweiz ausgesprochen solid präsentiert und sich die Aussichten in den letzten Monaten kontinuierlich verbessert haben, zeigt die Lohnrunde 2014 ein durchzogenes Bild. Die Ergebnisse variieren von Nullrunden bis zu Lohnerhöhungen von 2,5%. Durchschnittlich ergeben sich für das nächste Jahr Lohnerhöhungen im Bereich von einem Prozent. Travail.Suisse, der Dachverband der Arbeitnehmenden, beurteilt diese Lohnrunde als nur knapp zufriedenstellend.
Der Dachverband Travail.Suisse und die ihm angeschlossenen Verbände Syna, transfair und Hotel&Gastro Union haben im August 2013 die Lohnrunde 2014 eingeläutet. Die wirtschaftliche Lage präsentierte sich bereits im Sommer als solid; seither haben sich die wirtschaftlichen Aussichten weiter verbessert – die Löhne können mit dieser Entwicklung nicht ganz Schritt halten.
Realistische und differenzierte Forderungen für die Lohnrunde 2014
Die Verbände von Travail.Suisse haben im August differenzierte und massvolle Forderungen präsentiert, die es erlaubten, den spezifischen Bedingungen in den unterschiedlichen Branchen und Unternehmungen Rechnung zu tragen. Die Forderungen nach spürbaren und fairen Lohnerhöhungen für die Lohnrunde 2013 beliefen sich auf 1 bis 2 Prozent. Zusätzlich zu den monetären Forderungen standen eine generelle Ausrichtung der Lohnerhöhungen anstelle individueller Massnahmen sowie die Forderungen nach spezieller Berücksichtigung der Mindestlöhne und des Korrekturbedarfs bei der Angleichung der Frauen- an die Männerlöhne im Fokus der Sozialpartnerverhandlungen 2013.
Schweizer Wirtschaft sehr solid – Aussichten kontinuierlich positiver
Die Schweizer Wirtschaft hat sich in den letzten Jahren in einem schwierigen Umfeld sehr gut gehalten. Während der Euroraum seit der Finanz- und Schuldenkrise von einer anhaltenden Rezession geprägt ist, hat die Schweiz bereits Mitte 2010 wieder das Vorkrisenniveau erreicht und befindet sich seither auf einem soliden Wachstumskurs. Dabei erweist sich der Binnenmarkt als sehr dynamisch; die Lage für die Exportwirtschaft ist schwieriger, aber dennoch robust. In den letzten Monaten haben sich die Aussichten zudem noch weiter verbessert. Das Staatssekretariat für Wirtschaft SECO 1 hat seine Wachstumsprognosen für die Schweiz laufend erhöht; für 2013 von 1.4% auf 1.8% und für 2014 gar von 2.1% auf 2.3%. Und auch der Euroraum scheint die lange andauernde rezessive Phase überstanden zu haben. Für 2014 wird ein Wirtschaftswachstum von 1.2 % prognostiziert. Die Teuerung hingegen bewegte sich 2013 weiterhin im negativen Bereich, wenn auch sehr nahe bei null. Die Phase mit rückläufiger Preisentwicklung scheint langsam ein Ende zu nehmen und für 2014 wird die Rückkehr einer Teuerung auf tiefem Niveau erwartet.
Zähe Verhandlungen – nur knapp zufriedenstellende Resultate
Die Verhandlungen zur Lohnrunde 2014 verliefen äusserst zäh. Obwohl sich die wirtschaftlichen Aussichten laufend aufhellten, traten viele Unternehmen noch deutlich auf die Lohnbremse. Auch die nach wie vor leicht negative Teuerung zeigte sich als hinderlich in den Lohnverhandlungen, führte aber andererseits dazu, dass die erreichten Lohnerhöhungen immer auch Reallohnerhöhungen entsprechen. Insgesamt vermögen die Resultate nur knapp zufriedenzustellen. Enttäuschend verliefen die Verhandlungen in Bezug auf die Korrektur der Frauenlöhne, positiver beurteilt Travail.Suisse die Entwicklung bei den Mindestlöhnen. Hier die wichtigsten Punkte der Lohnrunde 2014:
1. Das Gros der Abschlüsse liegt im Bereich von einem Prozent
Die Ergebnisse reichen von Nullrunden bis zu Abschlüssen im Bereich von 2,5%. Das Gros der Ergebnisse bewegt sich im Bereich von einem Prozent. Details zu den Resultaten pro Branche oder Betrieb finden sich unter www.travailsuisse.ch/themen/arbeit/loehne.
2. Überdurchschnittliche Entwicklung der Mindestlöhne
Im Vergleich zu den letzten Jahren zeigt sich bei den Mindestlöhnen etwas mehr Dynamik: Mit der erstmaligen Verankerung von Mindestlöhnen im GAV mit der MEM-Industrie, der überproportionalen Anhebung der Mindestlöhne bei einigen Detailhändlern sowie mit den Anpassungen der Mindestlöhne bei etlichen Betrieben aus dem Gewerbe und bei der Post gibt es einige erfreuliche Lichtblicke für Tiefverdiener. Es ist dies ein Schritt in die richtige Richtung, deren Entwicklung aber noch lange nicht abgeschlossen ist.
3. Kaum Anpassungen der Frauenlöhne – Lohngleichheitsdialog gescheitert
Einmal mehr enttäuschend verlief die Lohnrunde mit Blick auf die Korrektur der Lohnungleichheit zwischen den Geschlechtern. Die Forderungen nach einer spezifischen Berücksichtigung der Frauenlöhne in der Lohnrunde 2014 waren sehr unergiebig. Zusammen mit dem Bekanntwerden des Endes des Lohngleichheitsdialoges zeigt dies die beschränkten Möglichkeiten der Sozialpartnerschaft diesem Problem ernsthaft zu begegnen. Für Travail.Suisse ist klar, dass die Politik hier nicht um griffigere Massnahmen und Lösungsvorschläge herumkommen wird.
4. Individuelle Lohnerhöhungen sind willkürlich
Weiterhin kritisch wird die Verteilung der Lohnerhöhungen eingeschätzt. Eine rein individuelle Verteilung ist nach wie vor weit verbreitet. Für die Verbände von Travail.Suisse ist klar, dass dies keine gleichmässige Lohnentwicklung in den Unternehmen erlaubt, von der alle Arbeitnehmenden profitieren können. Bei individuellen Lohnerhöhungen besteht immer die Gefahr von Willkür und Bevorzugung, besonders wenn in den Betrieben keine transparenten Lohnsysteme existieren. Spätestens wenn die Teuerung im nächsten Jahr wieder anzieht, sind zwingend auch wieder generelle Lohnerhöhungen zu gewähren.
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p(footnote). 1 Konjunkturtendenzen Herbst 2013.