Mitte 2012 hatder Ständerrat Filipo Lombardi eine Motion zur Verlängerung der Ladenöffnungszeiten eingereicht, die inzwischenan den Bundesrat überwiesen worden ist. Durch die Motion soll eine Teilharmonisierung der kantonalen Ladenöffnungszeiten erreicht werden, die in 17 Kantonen eine Verlängerung der Ladenöffnungszeiten bewirkt. Das Staatssekretariat für Wirtschaft SECO ist momentan an der Ausarbeitung eines Entwurfes des neuen Gesetzes, das bereits zu Beginn des Jahres 2014 in die Vernehmlassung kommen soll.
Die Ladenöffnungszeiten in der Schweiz sind mehrheitlich föderal geregelt, was zu kantonal unterschiedlichen Regelungen führt, was immer wieder als Flickenteppich beklagt wird. Mit der Motion Lombardi wird nun eine teilweise Harmonisierung der Ladenöffnungszeiten angestrebt. Unter dem Vorwand, dass die kantonal unterschiedlichen Ladenöffnungszeiten zu Wettbewerbsverzerrungen zwischen den Detailhändlern führen, sollen für über 200‘000 Arbeitnehmende im Detailhandel eine Verschlechterung ihrer Arbeitsbedingungen eingeführt werden.
Harmonisierung als Mittel zum Zweck
Dass es sich bei der beklagten Wettbewerbsverzerrung lediglich um einen Vorwand und bei der gewünschten Harmonisierung lediglich um ein Mittel zum Zweck mit dem Ziel der verlängerten Ladenöffnungszeiten handelt wird deutlich, wenn man die Motion unter die Lupe nimmt: Mit der Motion soll das Binnenmarktgesetz so geändert werden, dass es den Detailhändlern werktags Öffnungszeiten bis 20 Uhr und am Samstag bis 19 Uhr ermöglicht. Das heisst, dass die 17 Kantone, die bisher restriktiverer reguliert sind, ihre Ladenöffnungszeiten verlängern müssen. Die 9 Kantone, die eine weitergehende Liberalisierung kennen, müssen keine Anpassungen vornehmen. Das entspricht einer eigentlichen Teilharmonisierung nach oben. Eine weitaus effektivere Bekämpfung der Wettbewerbsverzerrung wäre mit einer Harmonisierung in beide Richtungen gegeben, indem das neue Gesetz nicht nur als Mindest- sondern auch gleich als Maximalstandard gelten sollte. Davon ist natürlich keine Rede, weil von Seiten der Befürworter dieser neuen Regelungen zwar von Harmonisierung gesprochen, aber in Tat und Wahrheit eine Liberalisierung der Ladenöffnungszeiten gemeint ist.
200‘000 Arbeitnehmende sind betroffen
Sollten die Änderungen wie in der Motion vorgesehen umgesetzt werden, so ist es eine Änderung mit sehr grosser Reichweite. In 14 Kantonen müssten die Ladenöffnungszeiten sowohl an den Werktagen, wie auch an den Samstagen verlängert werden, 3 Kantone wären an den Samstagen etroffen. Von den gesamthaft über 320‘000 Arbeitnehmenden im Detailhandel wären über 200‘000 von einer Verschlechterung ihrer Arbeitsbedingungen betroffen.
Aushebelung von Föderalismus und demokratischen Entscheiden
Dass sich die Zwängerei der Liberalisierer im Bereich der Ladenöffnungszeiten stetig verstärkt, ist keine neue Erkenntnis. Die Art und Weise wie hier der Föderalismus und die Ergebnisse von demokratischen Volksentscheiden ausgehebelt und die Verlängerung der Ladenöffnungszeiten über die Hintertüre durchgedrückt werden sollen, ist dennoch erschreckend. Einerseits wird damit die Kompetenz der Kantone beschnitten, die bisher voll und ganz über die Kompetenz zur Festlegung der Ladenöffnungszeiten verfügen. Andererseits hat das Volk die Beschränkung der Ladenöffnungszeiten immer wieder an der Urne bestätigt . Allein seit 2009 ist in 6 der 17 betroffenen Kantone eine Verlängerung der Ladenöffnungszeiten im Sinne der Motion Lombardi von der Stimmbevölkerung abgelehnt worden – dazu kommt noch die vehemente Ablehnung von Vorlagen zur Totalliberalisierung in mehreren Kantonen.