Das Rentenniveau in der Altersvorsorge ist tief. Spielraum gegen unten ist nicht vorhanden. Die heutige Finanzlage von AHV und 2. Säule ist stabil. Für die Bewältigung des Demografiebuckels ist jedoch eine Zusatzfinanzierung notwendig. Der beste Weg zu einer sicheren Finanzierung führt über einen Finanzierungsautomatismus, der für die Bevölkerung Transparenz schafft.
Der Bundesrat will mit seinem Revisionspaket „Altersvorsorge 2020“ AHV und 2. Säule zukunftsfä-hig machen. Um zu sehen, welche Massnahmen dafür zielführend sein können, ist ein klarer Blick auf die Rentenhöhe und die Finanzierung der Altersvorsorge notwendig.
Null Spielraum bei der Rentenhöhe
Das heutige Rentenniveau von AHV und 2. Säule ist tief. In der AHV betragen die Renten heute 1’170 bis 2’340 Franken monatlich bzw. 3’510 Franken bei zwei Ehepaarrenten. Das ist äusserst bescheiden. Aber auch gemeinsam mit der 2. Säule sieht die Situation nicht rosig aus. Die Generation, die zwischen 2020 und 2040 – also dann, wenn das Reformpaket greifen soll – in Rente geht, wird bei den kleinen Einkommen bis 50’000 Franken pro Jahr zwar knapp eine Rente erhalten, die dem heutigen Ziel von 60 Prozent des letzten Lohnes entspricht. Bei so tiefen Einkommen ist jedoch davon auszugehen, dass eine solche Rente nicht genügt, um den Lebensstandard zu halten. Bei leicht höheren Einkommen bis rund 84’000 Franken (obere Grenze des BVG-Obligatoriums) betragen die Renten bereits heute nicht die angestrebten 60 Prozent des letzten Lohnes.
Für Travail.Suisse ist deshalb klar: An den Renten wird nicht gepickelt. In der AHV gibt es null Spielraum, auch ein Aussetzen des Teuerungsausgleichs (Schräubeln am Mischindex) kommt nicht in Frage. In der 2. Säule muss der Umwandlungssatz weiterhin im Gesetz festgelegt werden, und technische Anpassungen, die zu tieferen Renten führen, sind mit kurz- und langfristig wirksamen Kompensationsmassnahmen auszugleichen. Das heutige Rentenniveau ist eine rote Linie, die von Bundesrat und Parlament nicht unterschritten werden darf.
Finanzierungsautomatismus für Sicherheit und Transparenz
Die heutige Finanzlage von AHV und 2. Säule ist solid. Die AHV hat 2012 mehr als zwei Milliarden Franken vorwärts gemacht. Das Kapital beträgt 42 Milliarden Franken und beläuft sich damit auf gut 109 Prozent einer Jahresausgabe. Ein solider Puffer also. In der beruflichen Vorsorge betrug die durchschnittliche Rendite 7 Prozent. Der Deckungsgrad beträgt bei 90 Prozent der privaten Pensionskassen mehr als 100 Prozent. Ein Drittel der Kassen verfügt sogar über einen Deckungsgrad von mehr als 110 Prozent. Insgesamt beträgt der durchschnittliche Deckungsgrad 106 Prozent. Dank der positiven Entwicklung an den Finanzmärkten seit Anfang Jahr dürfte dieser Wert bis zum heutigen Tag noch einmal markant angestiegen sein.
Was die Zukunft für die 2. Säule bringt, ist unklar. Die Aussagen über mögliche Fehlbeträge aufgrund des heutigen Umwandlungssatzes gehen weit auseinander, sie liegen zwischen 300 und 600 Millionen Franken. Insgesamt weisen aber die steigende Lebenserwartung und die tiefen Zinsen darauf hin, dass aus technischen Gründen ein gewisser Handlungsbedarf besteht. Für Travail.Suisse ist eine Anpassung des Umwandlungssatzes nicht a priori ausgeschlossen, wenn mit Kompensationsmassnahmen die Rentenhöhe erhalten bleibt.
In der AHV weisen die neusten Finanzperspektiven des Bundesamts für Sozialversicherungen (BSV) auf einen finanziellen Mehrbedarf ab 2025 hin. Dieser Mehrbedarf steigt auf maximal 2 Lohn- bzw. 2.5 Mehrwertsteuerprozente an. Soll diese demografische „Finanzierungslücke“ allein mit Leistungskürzungen geschlossen werden, dann müssten die bereits tiefen AHV-Renten um 20 Prozent gekürzt oder aber das Rentenalter um 3 Jahre auf 68 Jahre erhöht werden. Beide Massnahmen sind sachlich nicht adäquat und politisch chancenlos. Die Altersvorsorge ist auch ohne solche Leistungseinschnitte langfristig finanzierbar.
Für Travail.Suisse steht deshalb zum heutigen Zeitpunkt die Einführung eines Finanzierungsautomatismus zuoberst auf der Prioritätenliste. Das heisst, die AHV bekommt automatisch mehr Geld, wenn die Reserven sinken. Damit wird auch die Transparenz erhöht. Die Stimmbevölkerung kann bei Revisionen – die nach wie vor möglich bleiben – entscheiden, ob sie beispielsweise ein höheres Rentenalter oder eine automatische Erhöhung der Mehrwertsteuer akzeptieren will.
Lebensqualität als wichtigstes Kriterium
Welche zukünftige Ausgestaltung von AHV und BVG schafft für die Bevölkerung insgesamt die höchste Lebensqualität? Das ist die Grundfrage im Hinblick auf die Beurteilung des Revisionspakets Altersvorsorge 2020, die auch in einer allfälligen Referendumsabstimmung entscheidend sein wird. Wir sind überzeugt, dass die Bevölkerung Leistungskürzungen klar negativ beurteilen und auch deutlich stärker berücksichtigen wird als eine – möglicherweise sogar vorübergehende – Zusatzfinanzierung für die Überwindung des Demografiebuckels. Deshalb ist für uns die Revision der Altersvorsorge 2020 nur dann zielführend, wenn die Rentenhöhe garantiert und eine sichere Finanzierung geschaffen wird.