Am 1. September diskutiert die Sozialkommission des Ständerats über einen zweiwöchigen Vaterschaftsurlaub. Auch wenn zehn arbeitsfreie Tage bescheiden sind: Sie wären ein wichtiger und konkreter Beitrag zu einem gelungenen Start ins Familienleben. Travail.Suisse, die unabhängige Dachorganisation der Arbeitnehmenden, organisiert zusammen mit unterstützenden Organisationen deshalb am 30. August in Bern eine Papizeit-Aktion, um dem Anliegen Nachdruck zu verschaffen.
Heute erhalten Väter bei der Geburt ihrer Kinder gemäss Obligationenrecht von ihrem Arbeitgeber einen arbeitsfreien Tag zugesprochen. Travail.Suisse hat kürzlich in einer Analyse der wichtigsten Gesamtarbeitsverträge gezeigt, dass dieser mickrige freie Tag auch in der Realität den Normalfall bedeutet. 1 Meistens sind es grössere Unternehmen, die etwas grosszügiger sind und einen nennenswerten Vaterschaftsurlaub anbieten. Das ist kein Zufall: Grössere Betriebe haben mehr finanzielle Möglichkeiten als Kleinbetriebe. Doch ein bezahlter Vaterschaftsurlaub darf nicht davon abhängen, wo ein Vater arbeitet. Heutige Väter wollen vom ersten Tag an Verantwortung übernehmen. Das ist auch richtig so: Es gilt die Mutter zu entlasten und allfällige Geschwister zu betreuen, eine Beziehung zum Neugeborenen aufzubauen, den Haushalt zu schmeissen, etc. Die Zeiten, als dies die Grossmütter getan haben, sind vorbei. Diese sind heute selber erwerbstätig.
Damit sich die Väter engagieren können, müssen sie aber genügend zeitliche Freiräume verfügen. Heute müssen sie ihr Ferienkontingent aufbrauchen und dann eine Zeit lang – oft übermüdet – ohne Ferien über die Runden kommen oder unbezahlten Urlaub nehmen. Das ist keine zeitgemässe Familienpolitik!
Parlament kann erstmals einen konkreten Gesetzesauftrag erteilen
Travail.Suisse macht sich seit längerem für einen über die Erwerbsersatzordnung (EO) finanzierten 20-tägigen Vaterschaftsurlaub stark. Nun liegt im Parlament eine bescheidene, aber konkrete Lösung vor: Die parlamentarische Initiative von Martin Candinas propagiert das gleiche Modell wie Travail.Suisse, beschränkt den Urlaub aber auf zehn Arbeitstage. Auch wenn sich damit nicht alle heutigen Unzulänglichkeiten beseitigen lassen, wäre dies ein wichtiger erster Schritt für einen gelungenen Familienstart. Travail.Suisse unterstützt deshalb die parlamentarische Initiative Candinas. Dies mit Erfolg: Im April dieses Jahres hat sich die Sozialkommission des Nationalrats erstmals für zwei Wochen Vaterschaftsurlaub ausgesprochen. Nun muss am 1. September die Schwesterkommission des Ständerats darüber befinden. Wenn sich mit der CVP die eigene Partei des Initianten konsequent für das Anliegen einsetzt, wird auch diese Hürde zu nehmen sein. Das Parlament hätte danach den Auftrag, einen konkreten Gesetzestext auszuarbeiten.
Papizeit-Aktion am 30. August
Um dem Anliegen Nachdruck zu verschaffen, hat Travail.Suisse mit Erfolg die Online-Plattform www.papizeit.ch eingerichtet. Als nächste Aktion laden Travail.Suisse und weitere unterstützende Organisationen am 30. August zu einer Kinderwagen-Rallye auf den Berner Waisenhausplatz ein. Väter und Kinder, aber auch Mütter, Verwandte und Bekannte treffen sich um 14.15 Uhr zum Fototermin und geben mit einer bunten Aktion dem Anliegen Vaterschaftsurlaub ein Gesicht. Weitere Informationen finden sich unter www.kinderwagen-rallye.ch.
Das Interesse an diesen Aktionen macht deutlich: Auch die etwas bejahrtere Ständeratskommission wird nicht weiter ignorieren können, dass die Zeit für einen Vaterschaftsurlaub auch in der Schweiz reif ist.